Neue Duderstädter Stadtführung: „Maria Zinke“ blickt auf die Lebenswelt der Frau im Jahr 1514

Stadtgeschichte wurde meistens von Männern geschrieben. Mit dem Blick einer Frau führt nun Maria Zinke, die Schwester des Duderstädter Scharfrichters Hans Zinke, ihre Gäste in das Jahr 1514. Zwar verraten die Farben ihrer Kleidung, dass sie einem etwas anrüchigen Gewerbe nachgeht, aber dafür kommt sie gut herum und weiß Spannendes zu berichten.

 

Am historischen Rathaus starten die Themenführungen durch die Altstadt

 

Maria Zinke heißt im heutigen Leben Petra Bartosch-Aderhold. Interesse an Geschichte zeigte die Duderstädterin schon immer. Mit der neuen Stadtführung schlüpft sie in die Rolle der Aufseherin des Frauenhauses (damit war im Mittelalter das Bordell gemeint), das ihr Bruder, der Scharfrichter Hans Zinke führt. Ein solches gab es damals in jeder Stadt. Zwar wurde der außereheliche Geschlechtsakt als Sünde angesehen, dennoch wurden die Bordelle vielerorts wohlwollend geduldet – unter anderem, um die ehrbaren Bürgertöchter vor Übergriffen zu schützen. Reisende Männer gab es zur Genüge: Truppen, Händler, Handwerker zogen beruflich bedingt durch das Land und suchten in den Städten ihr Vergnügen. Und auch manch ehrbarer Bürger ließ sich zum Frauenwirt locken, wo es keineswegs nur Bier und Wein gab. Über das Frauenhaus in Duderstadt gibt es noch schriftliche Nachweise: In einer Urkunde von 1538 wird erwähnt, dass beim „Horhus“ (Hurenhaus) südlich des Westertores ein großes Stück der Stadtmauer eingestürzt war und durch den Göttinger Maurermeister Hans von Lengede erneuert wurde.

 

Mit Maria Zinke auf Zeitreise

 

Beim Stadtrundgang erfahren wir einiges über die Duderstädter Sehenswürdigkeiten und ihre Geschichte, oft mit Bezug auf die Lebenswelt der Frau, die jahrhundertelang keinerlei Rechte hatte und vom Mann vollkommen abhängig war. Eine verstoßene Frau war quasi mittellos, selbst wenn sie Vermögen mit in die Ehe gebracht hatte, das dann aber dem Mann zufiel. So war auch für manche ehrbare Frau nach einem Schicksalsschlag das „Horhus“ die einzige Möglichkeit, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Maria Zinke und ihren anvertrauten Frauen blieb vom Verdienst im Liebesgewerbe nicht viel übrig. Das meiste Geld wurde für Kost und Miete abgezogen. Damit man die Huren deutlich von den ehrbaren Bürgerinnen unterscheiden konnte, trugen sie „Schandfarben“, in Duderstadt das Gelb und Rot. Kleine Schellen an ihren Füßen machten sie schon von Weitem bemerkbar, und die Bürger konnten ihnen rechtzeitig ausweichen. Denn in der Öffentlichkeit galt es nicht als schicklich, sich in ihrer Nähe aufzuhalten.

Heute wird in Duderstadt niemand mehr schräg angesehen, wenn man in Begleitung der gelb-rot Gewandeten durch die Gassen zieht. Aufmerksamkeit erregt Maria Zinke dennoch, nicht nur wegen ihrer ungewöhnlichen Kleidung, sondern auch, wenn sie ihre wohlklingende Stimme erhebt und ein mittelalterliches Lied zum Besten gibt.

 

Auch die Bedeutung der Mariensäule wird auf der Tour erklärt

 

Infos, Anmeldungen und weitere Themenführungen in Duderstadt:
Wer mehr über die Stadt- und Frauengeschichte wissen möchte, kann sich in der Duderstädter Gästeinformation zur Führung anmelden. Die öffentlichen Touren mit Maria Zinke alias Petra Bartosch-Aderhold finden etwa alle vier Wochen statt. Termine dazu werden regelmäßig bekanntgegeben. Individuelle Gruppenführungen sind nach Absprache zu buchen.

Neben herkömmlichen Führungen zur allgemeinen Stadtgeschichte gibt es auch weitere Themenführungen, z.B. zu den Häuserinschriften, zur Kirchenkunst, zur Stadtbefestigung (mit dem Knickmeister, zu Fuß oder als Fahrradtour), zum mittelalterlichen Rechtswesen (mit dem Scharfrichter), zur Nachtwache (mit der Nachtwächterin), zu den Fledermäusen im historischen Rathaus, in die Lebenswelt im Mittelalter oder über die Feuer- und Flutkatastrophen in Duderstadt. Infos und Anmeldungen unter Telefon 05527 841200 oder per Mail bei info@duderstadt.de.

 

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