Tourismus im Eichsfeld: Verknüpfung von Geschichte und Natur an eindrucksvollen Orten

Zurzeit stehen beim Tourismus die Ziele in Deutschland ganz weit oben auf der Wunschliste und haben durch Klimawandel und Corona noch einen zusätzlichen Anschub bekommen. Der HVE Eichsfeld Touristik e.V. hat seit einigen Jahren einen stetigen Zuwachs an Übernachtungsgästen in der Region verzeichnet. Duderstadt und das Eichsfeld als Touristenmagnet? Einiges spräche dafür.

Wer aus dem Norden kommt und ohne allzu weite Anfahrt hügelige Landschaften zum Wandern und Radfahren sucht, ist bisher meistens im Harz gelandet. Der hat allerdings gerade zu kämpfen mit großflächigem Waldsterben – was an sich schon dramatisch ist. Und viele Touristen ziehen inzwischen etwas weiter.

 

Das Eichsfeld blieb bisher weitgehend verschont vom Baumsterben, hat aber reizvolle Landschaften mit Burgen und Schlössern. Blick von Burg Scharfenstein.

 

Das Eichsfeld hat nur wenige Monokulturen, blieb bisher also weitgehend verschont von Baumsterben und Borkenkäfern. Attraktive Wanderziele hat es allemal. Burgen, Schlösser, Warten, Museen und das Grüne Band locken historisch interessierte Besucher. Immer mehr im Trend liegen allerdings auch ökologische Aspekte. In Zeiten von Klimawandel, hochindustrialisierter Agrarwirtschaft, ausgeräumten Landschaften und Flächenversiegelung scheint die Sehnsucht nach intakter Natur umso größer zu sein, nicht nur bei (Kurz-)Urlaubern. Vielleicht liegt hier sogar die besondere Stärke des Eichsfelds: die außergewöhnliche Dichte bei der Verknüpfung von Geschichte und Naturerlebnis in reizvoller Landschaft.

 

Der Duderstädter Stadtpark verbindet Geschichte und Ökologie im urbanen Umfeld auf attraktive Weise.

 

Zwar hat der HVE als Dachorganisation in den vergangenen Jahren schon einiges in die Wege geleitet, um die touristischen Stärken des Eichsfelds zu bündeln und sichtbar zu machen – und setzt dabei auch auf die vielseitigen Möglichkeiten der Digitalisierung – , aber die Anbieter vor Ort müssen mitziehen, damit sie überhaupt gefunden werden. Bei manchen hapert es schon an einer brauchbaren Webseite mit aktuellen Infos. Bei der Präsentation der „Marke Eichsfeld“ gibt es also noch Luft nach oben.

Wir haben von den vielen Beispielen im Unter- und Obereichsfeld zwölf reizvolle Ziele ausgewählt, die historische und ökologische Aspekte auf eindrucksvolle Weise verbinden, und damit voll im Trend liegen. Wir möchten dazu anregen, die Schätze, die vor unser aller Nase liegen, gleichermaßen zu erhalten, zu fördern und zu nutzen, frei nach Heinz Sielmann: Nur was man kennt, wird man auch schützen. Um noch etwas von der Welt, wie wir sie kennen, zu bewahren, muss sich der Blick auf natürliche Zusammenhänge grundlegend ändern und schärfen. Das Eichsfeld könnte mit dem, was schon vorhanden ist, eine Vorreiterrolle spielen. Mit kleinen Schritten in diese Richtung befinden sich viele Gemeinden, Institutionen und Vereine schon auf einem erfolgreichen Weg.
Unsere „Reise“ beginnt rund um Duderstadt, führt dann weiter Richtung Samtgemeinde Gieboldehausen, ins Obereichsfeld und schließlich auch zur Samtgemeinde Radolfshausen. In den kommenden Wochen werden wir bei Clanys Eichsfeld-Blog unter der Rubrik „Ausflüge“ näher auf einzelne Ziele eingehen und freuen uns auch über Anregungen der Leser.

 

Rund um Duderstadt

 

1) Gut Herbigshagen

 

Gut Herbigshagen bei Duderstadt, Hauptsitz der Heinz-Sielmann-Stiftung

 

Historische Aspekte:
Hauptsitz der Heinz-Sielmann-Stiftung. Bewahrung des filmischen Erbes von Naturfilmpionier Heinz-Sielmann, Nähe zum Grünen Band, Informationen zu alten Haustierrassen und ihrem Nutzen für die Landwirtschaft. Grabstätte der Stiftungsgründer Heinz und Inge Sielmann.

Ökologische Aspekte:
Erhalt alter Haustierrassen, Artenvielfalt und Naturlandschaften, Sensibilisierung der Öffentlichkeit, Umweltprojekte für alle Altersgruppen.

Angebote:
Info-Stand, Filmvorführungen, Kinder- und Jugendprojekte (auch für Schulen, inklusive Übernachtungsmöglichkeiten), Damwildfütterungen, Veranstaltungen mit ökologischem Hintergrund wie Leistungshüten der Schäfer, Kräutermarkt etc.

Gastronomie.
Hofcafé im Hauptgebäude mit Blick in die Natur, in der Nähe das Forsthaus Rote Warte und das Forsthaus Hübental

 

2) Duderstädter Wall

 

Stadtnaher Lebensraum für Tiere und Pflanzen: Der Duderstädter Wall.

 

Historische Aspekte:
Wall und Stadtmauer sind gut erhaltene Teile der ehemaligen Stadtbefestigung

Ökologische Aspekte:
Verschiedene Biotope und Artenreichtum rund um den Wall, an den angrenzenden Gewässern und im Stadtpark. Verbindung von Stadt und Natur.

Angebote:
Stadtführungen zur Duderstädter Geschichte und zum Landwehrsystem. Es fehlen Angebote auf ökologischer Ebene. Es gibt zwar ornithologische Wanderungen, aber hier ruht noch viel Potenzial. Infotafeln könnten über natürliche Zusammenhänge informieren (ökologische Vielfalt im städtischen Raum, Erhalt von Lebensräumen etc.). Der Wall und die angrenzenden Biotope könnten gezielte Anlaufpunkte für Schulklassen und Touristen werden, um für die komplexen Zusammenhänge von natürlichem Lebensraum im städtischen Umfeld zu sensibilisieren.

Gastronomie:
Cafés und Restaurants in der Duderstädter Innenstadt

 

3) Duderstädter Warten

 

Historische Wachtürme (Warten) und naturnahe Heckenlandschaften gehören zum alten Landwehrsystem rund um Duderstadt.

 

Historische Aspekte:
Warten (Wachtürme) und Knicks (natürliche Hecken-Schutzwälle) des mittelalterlichen Landwehrsystems sind zum Teil noch erhalten.

Ökologische Aspekte:
Knicks als natürlicher Lebensraum und Schutz für Heckenbewohner.

Angebote:
Führungen zu historischen und ornithologischen Themen, Turmbesichtigungen, Wanderwege, Grünes Band.

Gastronomie:
Gasthäuser auf der Roten Warte, Seulinger Warte, bei der Pferdebergwarte und in der Nähe der Wehnder Warte (in Wehnde).

 

4) Pferdeberg

 

„Schöne Aussichten“ heißt das Gasthaus auf dem Pferdeberg bei Duderstadt, und die gibt es dort auch zu erleben, unter anderem über das Grüne Band.

 

Historische Aspekte:
Einstiger Standpunkt einer mittelalterlichen Warte, heute zum Teil zum Grenzlandweg gehörig, Pferdebergturm auf niedersächsischer und originaler DDR-Beobachtungsturm auf thüringischer Seite erinnern an die innerdeutsche Teilung. Historischer Kreuzweg bei Immingerode.

Ökologische Aspekte:
Stadtnahes Waldgebiet mit seinen typischen Bewohnern, Rehe, Hirsche, Wildschweine, Eulen, Käuze, Fledermäuse, Rotmilan etc., außerdem Viehhaltung.

Angebote:
Trimmpfad, Naturspielplätze, Grillplatz, Infotafeln zum Lebensraum Wald.

Gastronomie:
Am Wochenende geöffnetes Café Schöne Aussichten, Kolping Ferienzentrum mit Biergarten.

 

5) Grenzlandmuseum Eichsfeld

 

Auch Wanderreiter folgen dem Grünen Band und machen Station beim Grenzlandmuseum Eichsfeld

 

Historische Aspekte:
Originalgebäude des ehemaligen Grenzübergangs Duderstadt-Worbis, Sperranlagen der ehemaligen innerdeutschen Grenze, Aufarbeitung, Gedenken, Erinnern.

Ökologische Aspekte:
Grenzlandweg mit Infotafeln und Strecken zwischen 2, 4 und 6 Kilometern zum Wandern, zum Teil auf dem Grünen Band.

Angebote:
Führungen durch das Museum, die Außenanlagen und über das Grüne Band, Kulturveranstaltungen, Filmvorführungen, Schülerprojekte, Info-Veranstaltungen, Workshops.

Gastronomie:
Grenzlandgrill (kleine Imbissbude auf dem Gelände des Grenzlandmuseums), in direkter Nähe Victor´s Residenz Hotel Teistungenburg und Hotel-Restaurant Hahletal

 

Samtgemeinde Gieboldehausen

 

6) Kopf-Hainbuchenwald Gieboldehausen

 

Kulturdenkmal: Der Kopf-Hainbuchenwald bei Gieboldehausen (Foto: Iris Blank)

 

Historische Aspekte:
Kulturdenkmal aus der Zeit der Niederwaldwirtschaft, deren Ursprünge seit der Steinzeit bekannt sind und die bis in die Neuzeit betrieben wurde.

Ökologische Aspekte:
Nachhaltige Waldwirtschaft, Lebensraum für viele Tierarten.

Angebote:
Rundwanderweg mit Info-Tafeln

Gastronomie:
Gaststätten und Cafés in Gieboldehausen

 

7) Rhumequelle

 

Die Rhumequelle gehört zu den größten Karstquellen Europas

 

Historische Aspekte:
Quellopfer-Fundstücke aus der Zeit bis 4000 v. Chr., heidnische Kultstätte.

Ökologische Aspekte:
Eine der größten Karstquellen Europas, Rückzugsort vieler selten gewordener Tierarten.

Angebote:
Rundweg mit Info-Tafeln, Führungen, Wanderwegenetz rund um die Quelle, Teil des Karstwanderweges.

Gastronomie:
Kiosk an der Quelle, gegenüber vom Parkplatz das Restaurant „Die Quelle“ und in Rhumspringe weitere Gastronomie.

 

 

8) Baumpark Rüdershausen

 

Das kleine Arboretum in Rüdershausen zeigt alle „Bäume des Jahres“ seit 1989.

 

Historische Aspekte:
Alle „Bäume des Jahres“ seit Beginn der Auszeichnungen 1989 wurden hier angepflanzt.

Ökologische Aspekte:
Sensibilisierung für ökologische Zusammenhänge durch Infotafeln

Angebote:
Führungen zu verschiedenen ökologischen und ornithologischen Themen

Keine Gastronomie.

 

Obereichsfeld

 

9) Burgen im Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal

 

Burgruine Hanstein …

 

und Burg Scharfenstein liegen im Nationalpark Eichsfeld-Hainich-Werratal

 

Historische Aspekte:
Burg Hanstein bei Rimbach/ Bornhagen ist nur noch zum Teil erhalten, gilt aber als eine der eindrucksvollsten mittelalterlichen Burgruinen Deutschlands.
Burg Scharfenstein ist eine gut erhaltene und zum Teil rekonstruierte mittelalterliche Höhenburg bei Beuren.

Ökologische Aspekte:
Beide Burgen liegen im Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal, der durch sein vielfältiges Landschaftsbild mit Wäldern, Magerwiesen und Kalksteinformationen ein breites Spektrum an natürlichen Lebensräumen bietet.

Angebote (beide Burgen):
Besichtigungen, kulturelle Veranstaltungen, Mittelalterfeste und Märkte. Außerdem führen rund um die Burgen zahlreiche Wanderwege durch den Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal.

Gastronomie:
Unterhalb der Burg Bodenstein liegt der historische Klausenhof mit malerischem Biergarten. Ebenfalls in der Nähe befindet sich die Sandsteinformation Teufelskanzel mit kleinem Gasthaus und Wald-Biergarten.
Burg Scharfenstein verfügt über ein Selbstbedienungsrestaurant mit großer Außenterrasse.

 

10) Sonnenstein

 

Der Skywalk, die gläserne Aussichtsplattform auf dem Sonnenstein, ist zur Besucher-Attraktion geworden.

 

Historische Aspekte:
Vorchristliche Kultstätte, Teil einer hochmittelalterlichen Befestigungsanlage, Lage im ehemaligen DDR-Sperrgebiet, Steinaltar und Hochkreuz.

Ökologische Aspekte:
Artenreicher und geschützter Halbtrockenrasen, Kalksteinplateau.

Angebote:
Skywalk (gläserne Aussichtsplattform), Infotafeln.

Keine Gastronomie

(Titelfoto des Beitrags: Sonnenstein-Plateau mit Hochkreuz und Skywalk bei Sonnenuntergang)

 

Samtgemeinde Radolfshausen

 

11) Seeburger See

 

Naherholung und Naturschutz am Seeburger See

 

Historische Aspekte:
Vor rund 10.000 Jahren entstand der Seeburger See durch einen Erdfall über einem Salzsteinlager. Er gilt als die größte natürliche Wasserfläche in Südniedersachsen – das „Auge des Eichsfelds“.

Ökologische Aspekte:
Das Naturschutzgebiet Seeburger See umfasst einen großen Teil der Uferzone mit Nistplätzen für Vögel, Insekten und mit Fischbestand.

Angebote:
Naturschwimmbad, Campingplatz, Rundwanderweg sowie Sport- und Freizeitangebote. Außerdem werden regelmäßig Naturkundewanderungen angeboten, unter anderem von der Heinz-Sielmann-Stiftung.

Gastronomie:
Rund um den See gibt es einiges an Gastronomie. Und auch in den See-Dörfern – Seeburg, Bernshausen und Germershausen – sind Restaurants zu finden.

 

12) Ebergötzen – Europäisches Brotmuseum und Wilhelm-Busch-Mühle

 

Das Europäische Brotmuseum in Ebergötzen und im Hintergrund das Café „Auszeit“

 

Historische Aspekte:
Im Europäischen Brotmuseum ist die weltweite Geschichte des Getreides als Grundnahrungsmittel anschaulich nachzuvollziehen. Ein mittelalterlicher Getreidespeicher und eine Bockwindmühle stehen auf dem Gelände.
In der historischen Wilhem-Busch-Mühle begibt man sich auf die Spuren des Erfinders von Max und Moritz.

Ökologische Aspekte:
Einblicke in die Entwicklung der Landwirtschaft und in die natürliche Energiegewinnung über Wasserkraft, historischer Getreidegarten am Brotmuseum und insektenfreundlicher Mühlengarten an der Wilhelm-Busch-Mühle.

Angebote:
Führungen, Workshops, kulturelle Veranstaltungen.

Gastronomie:
Café „Auszeit“ mit Außenterrasse am Brotmuseum, weitere Gaststätten in Ebergötzen.

 

Die Wilhelm-Busch-Mühle in Ebergötzen mit dem iyllischen und insektenfreundlichen Mühlengarten

 

 

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