Das Grenzlandmuseum Eichsfeld hat das erste Halbjahresprogramm 2020 den Medienvertretern vorgestellt. Den Rahmen bot die Eröffnung der Sonderausstellung zur Kofferdemo 1990 am ehemaligen Grenzübergang Duderstadt-Worbis. Fotos, Dokumente und Original-Koffer sind bis Ostern in der Ausstellung zu sehen.
2020 jährt sich die deutsche Wiedervereinigung zum 30. Mal. Außerdem feiert das Grenzlandmuseum Eichsfeld in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum sowie das 20-jährige Bestehen der Bildungsstätte. Und noch weitere Neuigkeiten zur fortlaufenden Arbeit für politische Bildung und zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit gibt es für 2020: Das Grenzlandmuseum übernimmt für fünf Jahre die Trägerschaft der Fach- und Koordinierungsstelle für die „Partnerschaft für Demokratie im Eichsfeld“.
Ein kurzer Rückblick zeigte ein äußerst erfolgreiches Jahr 2019: Die politischen Ereignisse, die im Herbst 1989 zum Fall der Grenze zwischen Ost und West führten, standen 2019, also im 30. Jahr nach der Grenzöffnung, im Fokus. Die Nacht vom 9. auf den 10. November änderte auch die Situation an der innerdeutschen Grenze im Eichsfeld. Um 0.35 Uhr öffneten die DDR-Sicherheitsorgane den Grenzübergang Duderstadt-Worbis. Am Gedenkwochenende 9./10. November 2019 besuchten mehr als 10.000 Menschen die große Licht- und Klangkunst-Installation „Niemandsland – Zwischen den Welten“ am Grenzlandmuseum und am Grenzlandweg. Bei der Realisierung dieses länderübergreifenden Museumsprojektes gab es Unterstützung von Bundeskulturstaatsministerin (BKM) Prof. Monika Grütters, vom Freistaat Thüringen, vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und vom Landschaftsverband Südniedersachsen.
Insgesamt hat das Grenzlandmuseum im vergangenen Jahr 63.300 Besucher verzeichnet, rund 9000 mehr als im Vorjahr 2018. Die Vorsitzenden des Fördervereins als Träger des Grenzlandmuseums, Horst Dornieden und Wolfgang Nolte, sowie Geschäftsführerin Mira Keune freuten sich außerdem, dass sich die Zahl der jugendlichen Besucher seit 2017 nahezu verdoppelt habe. Rund 5000 junge Menschen pro Jahr nahmen vor allem an Workshops für jede Altersklasse und jede Schulform teil. Ziel sei es, Toleranz und Verständnis für demokratische Werte zu entwickeln und damit „ein System zu stärken, das uns so viel Freiheiten bietet“, erklärte Mira Keune.
Das Programm 2020 beginnt mit der Sonderausstellung zur „Kofferdemo“ im Januar 1990, der größten Demonstration, die kurz nach der Grenzöffnung im Eichsfeld stattfand. Rund 50.000 Eichsfelder haben damals gegen die Politik des SED-Regimes, für Meinungsfreiheit und weitere Veränderungen in ihrem Land demonstriert. Ihre mitgebrachten Koffer sollten die Ausreise aus der DDR symbolisieren. Die Massenauswanderung war für die DDR nach der Grenzöffnung zum Problem geworden, und die Demonstrierenden kündigten an, ebenfalls zu gehen, sollte die SED nach den anstehenden Wahlen im Frühjahr 1990 an der Macht bleiben. Kurator Stefan Bernd hat die Ausstellung konzipiert und präsentiert. Bis Ostern 2020 ist sie zu sehen.
Im weiteren Jahresverlauf stehen spannende Vorträge, Lesungen und Projekte auf dem Programm. Themen sind unter anderem die letzten Volkskammerwahlen in der DDR, Katholizismus unter dem SED-Regime, der Operativ Technische Sektor der Stasi, die grenzübergreifende Umweltverschmutzung sowie das Notaufnahmelager Uelzen-Bohldamm als Anlaufstelle für Vertriebene und Flüchtlinge aus der SBZ und DDR. Gemeinsam mit der Heinz-Sielmann-Stiftung soll bei einer Gedenkwanderung an die Abriegelung der innerdeutschen Grenze durch die DDR im Jahr 1952 erinnert werden. Und auch 2020 besteht die Möglichkeit, sich zur Stasi-Akteneinsicht beraten zu lassen.
Der vierte und letzte Teil der interdisziplinären Vortragsreihe „Vom Todesstreifen zur Lebenslinie“, der Ende vergangenen Jahres kurzfristig abgesagt werden musste, wird am 19. Februar 2020 nachgeholt und thematisiert die wechselvolle Nachbarschafts- und Grenzgeschichte in Fennoskandien. Die Vorträge sind auf englisch und werden übersetzt. Beginn ist um 18 Uhr in der Bildungsstätte des Grenzlandmuseums.
Für die kommenden fünf Jahre wird das Grenzlandmuseum die Trägerschaft der Fach- und Koordinierungsstelle für die „Partnerschaft für Demokratie im Eichsfeld“ übernehmen. „Damit wird auch das Museum als Lernort für die Demokratie gestärkt“, erklärte Mira Keune. Zwei zusätzliche Mitarbeiterinnen, Ulrike Fricke und Andrea Heinemann, werden die Koordination zwischen Fachstellen, Verwaltungen und Projekt-Initiatoren vom Grenzlandmuseum aus übernehmen. Horst Dornieden betonte den Vorteil dieser Trägerschaft am authentischen Ort des ehemaligen Grenzübergangs. Nicht nur Erinnerungsarbeit, sondern immer auch der aktuelle Bezug zum poltischen Geschehen seien die Grundlagen der Bildungsarbeit im Grenzlandmuseum, bestätigte Wolfgang Nolte.
Der Landkreis Eichsfeld beteiligt sich an dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ durch die „Partnerschaft für Demokratie im Eichsfeld“. Zentrales Ziel ist, mit möglichst vielen Akteurinnen und Akteuren vor Ort Projekte und Aktionen durchzuführen:
– für eine starke Demokratie
– zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit
– gegen rechtsextremistische und antisemitische Tendenzen
– zur Förderung von Vielfalt und Toleranz
– für eine offene, multikulturelle Gesellschaft
– für den Aufbau von Jugendbeteiligungsstrukturen
Zusätzlich wird die Arbeit für das Förderprogramm „Denk bunt“ des Freistaats Thüringen gefördert. Die Fach- und Koordinierungsstelle hat ihren Sitz für die kommenden fünf Jahre im Grenzlandmuseum Eichsfeld. Alle Informationen zu den Projekt- und Fördermöglichkeiten wird das Grenzlandmuseum rechtzeitig mitteilen.
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