Mit einem Tag der offenen Tür und öffentlichen Zeitzeugenberichten hat das Grenzlandmuseum Eichsfeld die Eröffnung des Grenzübergangs Duderstadt-Worbis vor 50 Jahren gefeiert. Zudem lockten stündliche Führungen und eine Sonderausstellung zur Geschichte des Grenzübergangs zahleiche interessierte Gäste ins Grenzlandmuseum, das sich heute am authentischen Ort befindet, wo am 21. Juni 1973 der Grenzübergang Duderstadt-Worbis eröffnet wurde. Bis zum Fall der Grenze im November 1989 passierten rund sechs Mio. Reisende den Grenzübergang im Eichsfeld.
Unter der Moderation von Mira Keune, Historikerin und Geschäftsführerin des Grenzlandmuseums, leiteten die beiden Vorsitzenden des Fördervereins, Horst Dornieden und Wolfgang Nolte, die Zeitzeugenberichte mit ihren eigenen Erfahrungen ein. Horst Dornieden lebte damals in Teistungen im Sperrgebiet der DDR, Wolfgang Nolte war in Duderstadt im westdeutschen Teil des Eichsfelds zu Hause. Beide hatten ganz unterschiedliche Blickwinkel auf die historischen Ereignisse 1973. In der DDR erfuhren die Bürgerinnen und Bürger bestenfalls aus dem West-Fernsehen vom geplanten Bau einer Grenzübergangsstelle (GÜST), in Westdeutschland gab es sehr kontroverse Diskussionen: Einerseits freute man sich über die Möglichkeit, seine Verwandten im anderen Teil Deutschlands besuchen zu können, auf der anderen Seite beobachtete man auch einen immer brutaler werdenden Ausbau der Grenzanlagen. (Mehr zu den Eindrücken von Horst Dornieden und Wolfgang Nolte im Interview.)
Nachdem Patrick Hoffmann, pädagogischer Mitarbeiter des Grenzlandmuseums, ein paar Einblicke in die herausfordernden Reisebestimmungen für den Grenzübergang gab, meldeten sich weitere Zeitzeugen mit sehr unterschiedlichen Reiseberichten, darunter Joachim Müller aus Deuna, der Verleger Helmut Mecke aus Duderstadt, der Duderstädter Ortsheimatpfleger Herbert Pfeiffer und Wolfgang Feike, der einst beim Bundeszoll tätig war. Alle Zeitzeugen erinnern sich an Schikanen, Einschüchterung und sehr bedrückende Gefühle beim Passieren des Grenzübergangs.
Den Bau des Grenzübergangs erlebte 1973 ein damals 24-jähriger Heiligenstädter sogar aus nächster Nähe. Friedhelm Göbel war im Tiefbau tätig und wurde mit seinen Kollegen zum Bau des Grenzübergangs eingeteilt. „Wir wussten ja nicht, was hier eigentlich geschehen sollte. Aber als wir hier durch die ganzen Absperrungen zur Baustelle gebracht wurden, kam uns gleich einiges komisch vor“, erzählte der Zeitzeuge. Er hatte beobachtet wie ein Wohnhaus und die Mühle ausgeräumt wurden, deren Besitzer man enteignet hatte. Und erschrocken nahm er damals wahr, welche mörderischen Maßnahmen von seiten der DDR getroffen wurden, um die Grenze abzuriegeln und den Grenzübergang zu sichern – zum Beispiel mit der heute noch zum Museum gehörigen und am Grenzlandweg erhaltenen Kfz-Schnellsperre, die innerhalb von drei Sekunden einen Pkw zertrümmern konnte, der unerlaubt den Grenzübergang passieren würde. Horst Dornieden lud Friedhelm Göbel ein, für das Archiv des Grenzlandmuseums ein Interview mit Student*innen durchzuführen, um diese Erinnerungen für die Nachwelt zu erhalten. Auch weitere Zeitzeugen können sich jederzeit melden, um ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Das Archiv des Grenzlandmuseums steht Schülergruppen und Forschenden für Recherchezwecke zur Verfügung.
Am 6. Juli 2023 wird das Thema Kleiner Grenzverkehr ein weiteres Mal beleuchtet: Über „Urlaub Macht Geschichte – Reisen und Tourismus in der DDR“ referiert Prof. Dr. Hasso Spode aus Berlin in der Bildungsstätte des Grenzlandmuseums. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.
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