Klimaschutz ist ein Thema, das alle Menschen betrifft – ohne Ausnahme. Das bestätigte auch die diverse Beteiligung an der Ideenwerkstatt Klimaschutz: Rund 50 Personen, darunter Jugendliche, Mitglieder verschiedener Parteien und Parteilose, Rentner*innen, Expert*innen für unterschiedliche Themenbereiche, Menschen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit und weitere Interessierte nahmen an den Workshops zur Ideenentwicklung mit regionalem Bezug teil. Die Ergebnisse bieten Ansätze, die durchaus umsetzbar klingen.
Zu der parteiübergreifenden Veranstaltung hatte der Ortsverband Grüne Untereichsfeld eingeladen, betonte aber ausdrücklich, hier alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie Mitglieder der Ortsräte und regionaler Institutionen zusammenbringen zu wollen. Nach der Begrüßung durch die Moderatorinnen Katharina Kunstmann und Verena Schenke wurden die Themengruppen vorgestellt: Verkehr/Mobilität, Land- und Forstwirtschaft, Ernährung, Energie, Haus-, Garten- und Lebensraumentwicklung. Zur Einstimmung gab es zwei Impulsvorträge. Über „Klimawandel – wo stehen wir? Wo müssen wir hin?“ referierte Prof. Dr. Victor Wesselak von der Hochschule Nordhausen, „Die soziale Dimension des energetischen Umbaus: Vom Wissen ins Handeln“ war Thema bei Leila Morgenroth, Geschäftsführerin der Energieagentur Göttingen.
Für eineinhalb Stunden zogen sich die Arbeitsgruppen in die jeweiligen Workshops zurück. Nach einer Pause am Veggi-Buffet, vorbereitet von Bettina Schulte, ging es an die Vorstellung der Ergebnisse. Dabei betonten die Gruppen, dass man in so kurzer Zeit selbstverständlich nicht Lösungen für komplexe Probleme finden könne, sondern dass es zunächst um eine Analyse der Sorgen und um Ideenentwicklung speziell für Duderstadt und Umgebung ginge.
Verkehr und Mobilität: „Was kann man selbst machen, was ist Aufgabe der Verwaltung, von Kommune, Land, Bund?“, fassten die Moderatoren Leila Morgenroth und Henning Eggers die grundsätzliche Frage zusammen. Vor allem „Sharing“ biete Möglichkeiten für den ländlichen Raum. Zum Teil würden solche Projekte schon umgesetzt werden wie bei der Mitfahrbank in manchen Dörfern. Allerdings fehle es noch an Kommunikation, öffentlicher Wahrnehmung und Plattformen zur Information, um zu wissen, was man wann und wie nutzen könne. Alternativen für das eigene Auto seien das Lastenrad, das auch in Duderstadt zur allgemeinen Nutzung bei Fahrrad Beckmann bereit stehe, ein Car-Sharing mit den Nachbarn oder der ÖPNV. Letzterer sei allerdings eher auf die Hauptstrecken wie Duderstadt – Göttingen ausgerichtet. Wer aber beispielsweise von Nesselröden nach Bilshausen fahren möchte, habe es schwer mit den Busanbindungen. Für den ländlichen Raum brauche es also noch weitere Ideen und Initiativen, um eine ressourcensparende Mobilität zu verbessern, so die Zusammenfassung der Gruppe.
Land- und Forstwirtschaft: „Klimaschutz ist nichts, das man isoliert denken darf, das Thema ist interdisziplinär“, sagte die Moderatorin und Diplom-Forstwirtin Ulrike Säger. Co-Moderatorin Ingrid Ringleff benannte das vielleicht noch ferne, aber dann sicherlich werbewirksame Ziel „Ökoregion Eichsfeld“. Einige Ansätze, um den Bezug von Mensch und Natur zu fördern, gebe es bereits wie den Duderstädter Bürgerwald, den Garten der Generationen oder den Lehrgarten, aber es fehle noch an größerer öffentlicher Wahrnehmung. Außerdem standen Umweltpädagogik sowie eine weitere Vernetzung von Kitas und Schulen mit Institutionen, die ökologische Land- und Forstwirtschaft altersgerecht nahebringen, im Fokus. Regionales, saisonales Einkaufen beziehe sich nicht nur auf landwirtschaftliche Produkte, sondern auch auf die Waldwirtschaft. Statt exotische Hölzer zu importieren, sei es sinnvoller, heimisches Holz als nachaltigen Rohstoff zu verwenden. Auch die langjährige Nutzung von Möbeln und Gebrauchsgegenständen – nicht nur aus Holz – sei ressourcenschonend, so die Anregungen aus der Gruppe.
Ernährung: Die Moderatorin Julia May bestätigte zunächst die Kritik der Mobilitätsgruppe am eingeschränkten ÖPNV: „Wir hatten vier Jugendliche in unserer Gruppe, aber die mussten die Veranstaltung vorzeitig verlassen, um den letzten Bus zu kriegen.“ Beim Thema klimaschonende Ernährung zeigten sich die Parallelen zur Landwirtschaftsgruppe. Es ging um die Heranführung an den Ursprung der Nahrung und der regionalen Ressourcen. Vorgeschlagen wurde z.B. eine öffentliche Nutzung von Gärten oder auch ein Sharing-System, wo Menschen, denen ihr eigener Garten zu viel wird, diesen von anderen bewirtschaften ließen. Auch hier wünschte man sich mehr Information und öffentliche Wahrnehmung, um klimaschonende Ernährung, und damit einhergehend Abfallvermeidung, in der Öffentlichkeit selbstverständlicher zu machen. Ein Schritt in diese Richtung sei ein entsprechendes Angebot in Kantinen und Schulmensen. Die meisten Universitätsmensen hätten ihren Speiseplan schon angepasst, da die junge Generation besonders nach fleischlosen und veganen Gerichten frage, erläuterte Julia May. Food-Events und Workshops könnten ebenfalls zum Umdenken beitragen.
Energie: „Die Zeiten der fossilen Energien sind vorbei – zu teuer und zu unökologisch“, erklärten die Moderatoren Victor Wesselak und Daniel Rudolph. Allerdings herrsche in der Bevölkerung große Unsicherheit bei der Energiewende. Zum Teil gebe es Widersprüche zwischen den Ansprüchen einer modernen energetischen Sanierung, bzw. Erweiterung durch Solartechnik, und den Auflagen des Denkmalschutzes. Außerdem sei ein Faktencheck zu erneuerbaren Energien notwendig, auch um Gerüchten entgegenzuwirken und aktuelle Entwicklungen miteinzubeziehen. Die Gruppe schlug vor, dass die Anbieter von erneuerbaren Energien weitere Experten wie Handwerker und Schornsteinfeger vermehrt mit ins Boot holen sollten, um verunsicherte Immobilieneigentümer über nachhaltige und ressourcenschonende Sanierung zu beraten. An die Duderstädter Stadtverwaltung sei der Vorschlag gerichtet, eine aktuelle Energiebilanz aufstellen zu lassen und daraufhin ein Energiekonzept für Duderstadt zu erstellen, womit auch Fördermittel beantragt werden könnten. „Die Kommune hat Vorbildfunktion“, so das Fazit der Gruppe.
Haus-, Garten- und Lebensraumentwicklung: Auch in dieser Gruppe um die Moderatoren Michele Wegerle und Hans Jürgen Ringleff wurde die Diskrepanz zwischen energetischer Sanierung und Denkmalschutz thematisiert. Ältere Sanierungswillige hätten zudem größere Probleme, Kredite für Haussanierungen zu bekommen. Auch die Frage nach neuen Lebenskonzepten wurde erörtert. Einerseits sei Wohnraum knapp und werde teurer, andererseits hätten ältere Menschen oft viel Wohnfläche zur Verfügung, wenn die Kinder fortgezogen sind. Wie könnte die Fläche also sinnvoll genutzt werden? Ob WG, generationenübergreifendes Wohnen oder andere Lebenskonzepte in Frage kämen, sei eine sehr individuelle Entscheidung für die Betroffenen. Außerdem wurden städtebauliche Aspekte auf kommunaler Ebene beleuchtet. Um die Städte vor Überhitzung oder Überflutung besser zu schützen, sei es notwendig, mehr schattenspendende Bäume zu pflanzen und wieder mehr Flächen zu entsiegeln, wo Regenwasser zurück ins Grundwasser versickern kann, statt die Kanalisation zu überlasten. Und auch bei der privaten Gartengestaltung könne auf Artenvielfalt und ein ökologisches Wassermanagement geachtet werden.
Fazit: Die Sorgen um den Klimawandel sind nicht das vermeintliche Problem einer pessimistischen Minderheit, sondern längst mitten in der Gesellschaft angekommen. Das beweist einerseits die Diversität der Teilnehmenden an der Ideenwerkstatt zum Klimaschutz, andererseits auch die Vielfalt der Themen, die alle miteinander verknüpft sind, nahezu alle Lebensbereiche beeinflussen und alle Generationen, Geschlechter, Nationen, Regionen und Kommunen betreffen. Daher steht der Klimaschutz in den Programmen aller demokratischer Parteien, auch wenn die Wege dorthin noch unterschiedlich sein können. Die Ideenwerkstatt hat aber auch gezeigt, dass es wertvollen Input geben kann, wenn unterschiedliche Ansätze gemeinschaftlich diskutiert werden. Es wird Verständnis füreinander geschaffen, wenn es möglich ist, auch mal den Blickwinkel zu ändern. Das parteien- und generationenübergreifende Ziel bleibt dasselbe, nämlich den Klimaschutz schnellstmöglich voranzutreiben, um die Erde mit all ihren Bewohnern am Leben zu erhalten. Denn klar ist: Alles, was wir jetzt an Ressourcen aufbrauchen und an Natur zerstören, ist für die nachfolgenden Generationen einfach nicht mehr vorhanden. Die Folgen des Klimawandels sind auch im Eichsfeld in vielen Bereichen, z.B. beim Baumsterben und Artenrückgang, sichtbar. Vom Thema abzulenken und zu beschwichtigen, ist also der denkbar schlechteste Plan für die Zukunft.
Ziel der Ideenwerkstatt in Duderstadt: Die Ergebnisse sollen Anregungen bieten für Bürgerinnen und Bürger, für die Verwaltungen und Institutionen, damit nachhaltige Veränderungen im Umgang mit Ressourcen in Gang gesetzt werden. Um diese Ziele zu erreichen, sollen Anregungen in den Ortsräten vorgetragen werden und auch weitere Veranstaltungen folgen. Möglich seien sowohl kleinere Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen als auch größere Events, gemeinsam mit Netzwerk-Partnern. Auch die Bildung eines parteiübergreifenden Bürgervereins o.ä. wurde diskutiert.
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