Das kulturelle Leben wurde wegen Corona auf Eis gelegt – auch in Duderstadt. Und trotzdem gibt es Hoffnungsschimmer: Kurz vor der Coronakrise haben sich nämlich ein paar Musik- und Kulturbegeisterte mit der Theater- und Konzertvereinigung (TKV) an einen Tisch gesetzt, um in einem Brainstorming viele neue Ideen zu diskutieren. Die Ergebnisse lassen auf ein breit aufgestelltes Kulturangebot hoffen – nach Corona.
Aber beginnen wir von vorn:
Es war einmal…
ein kleiner Kulturverein namens TKV in Duderstadt. Dank der sehr engagierten Geschäftsführerin Sabine Holste-Hoffmann war es möglich, jahrzehntelang ein exzellentes Kulturprogramm mit bekannten und professionellen Künstlern und Musikern ins beschauliche Duderstadt zu bringen. Doch dann wurde die Eichsfeldhalle als Hauptspielstätte verkauft, und größere Konzerte oder Theateraufführungen konnten nicht mehr angeboten werden. Zwei Drittel der Abonnenten sprangen ab und der kleine Verein musste seine Rücklagen hernehmen, um wenigstens noch die kleinen, aber dennoch hochwertigen, klassischen Konzerte im Rathaussaal und Theateraufführungen in der Aula der St.-Ursula-Schule auf dem Spielplan zu haben. Die Theaterbusse, die Konzertbesucher aus entfernter gelegenen Ortschaften wie Gieboldehausen und Herzberg für zwei Euro Fahrtkosten abholten, mussten ebenfalls gestrichen werden. Zudem waren viele Mitglieder des seit 1950 aktiven gemeinnützigen Vereins alt geworden, und Nachwuchs war schwer zu akquirieren. Die Tage der TKV waren also gezählt.
Ebenfalls in Duderstadt machten sich junge Leute daran, alternative Konzerte im kleinen Rahmen zu organisieren, und zwar mit eigenem Arbeitsaufwand und eigenem Risiko. Optiker David Gerlach veranstaltete mit dem Singer/Songwriter Finn ein Sofakonzert bei Draeger & Heerhorst; Viviane und Thomas Leinemann nutzen ihre Kontakte zu den Monsters of Liedermaching und organisierten ein Konzert mit Rüdiger Bierhorst und Ingmar Schütte im Kaminzimmer der Musikwerkstatt. Die Resonanz auf diese Veranstaltungen war groß. Obwohl sie an Wochentagen stattfanden, bewies das Publikum, dass man in Duderstadt sehr wohl gute Musik in einer netten Atmosphäre zu schätzen weiß.
Und da wir bei Clanys Eichsfeld-Blog sowohl über das Engagement und die Probleme der TKV sowie über die alternativen Konzerte der privaten Organisatoren berichtet haben, fragten wir uns, was wohl passieren würde, wenn man all diese positiven Energien in Duderstadt an einen Tisch bringen würde. Resultat eines kurzerhand verabredeten Treffens: Es gab ein Feuerwerk an Ideen und Einsatzbereitschaft!
Am Ende dieses ersten Abends hatten wir folgende Ziele formuliert:
– Erweiterung des TKV-Kulturangebots um neue Formate und Stilrichtungen
– Gewinn von neuen Mitgliedern/ Abonnenten durch ein erweitertes Programm
– Verminderung des Risikos und des Arbeitsaufwands für die Veranstalter
– Nutzung neuer Spielstätten, Einbezug weiterer Interessierter und deren Netzwerke
– Größere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit
– Stabilität der TKV, um im ländlichen Raum ein hochwertiges und vielfältiges Kulturangebot zu bieten, und damit Steigerung der Lebensqualität und der Attraktivität Duderstadts
– Spaß!
Ein Abend reichte natürlich nicht aus. In einer neu gegründeten Whatsapp-Gruppe wurden die aktuellen Entwicklungen ausgetauscht: Wer hat wen erreicht? Welche Künstler können kurzfristig für eine Veranstaltung noch im laufenden Jahr gewonnen werden? Wer hat welche Kontakte und kann was organisieren? Welche Spielstätten könnten genutzt werden? Welche Technik wird gebraucht und wer hat die? Welche Sponsoren und Fördermittel kämen in Frage?
Auf das erste Brainstorming folgte ein zweites Treffen der bisherigen Beteiligten im Halben Mond (als die Gaststätten noch geöffnet waren) mit dem TKV-Vorstand (Eva-Maria Hunold und Sabine Nolte) und weiteren Aktiven aus der Eichsfelder Kulturszene wie Andre Schwedhelm (u.a. Veranstaltungstechnik), Andreas Leinemann (Musiker) und Iris Blank (Fotografin). Die Ideen nahmen konkretere Formen an. Außerdem sind wir ja im Eichsfeld. Kleine unbürokratische Wege und gute Netzwerke sind die Stärken einer ländlichen Region.
Und so die weiteren Ziele:
Die TKV soll im Kern das bleiben, was sie bisher verkörpert, nämlich als Kulturverein bekannte Künstler nach Duderstadt bringen oder auch mit Formaten wie der Musiknacht Auftrittsmöglichkeiten für regionale Künstler bieten. Neu soll eine Erweiterung des Programms sein, um mit zusätzlichen Genres wie Auftritten von angesagten Bands, Singer/Songwritern, Lesungen, Poetry Slam, Filmfestivals etc. weitere Interessenten zu begeistern.
Warum? Wir wollen ein vielfältiges Kulturangebot in unserem Heimatort erhalten und damit die Lebensqualität stärken. Und wir wollen uns manchmal weite Wege sparen, um gute Veranstaltungen zu besuchen.
Es soll eine „Win-Win-Situation“ entstehen: Über ein breiteres Angebotsspektrum könnten neue Mitglieder akquiriert werden – womit die TKV wiederum die Möglichkeit hätte, mehr auf die Beine zu stellen und ihr Bestehen zu sichern. Außerdem müssten die bisher privaten Veranstalter das Risiko nicht allein tragen.
Zudem soll die Öffentlichkeitsarbeit breiter aufgestellt werden, und schließlich sollen im Kontakt mit den Spielstättenbetreibern auch wieder größere Theateraufführungen oder Orchester-Konzerte ins Auge gefasst werden. Von der Stadtentwicklungsgesellschaft Duderstadt 2030 wurde bereits Signal gegeben, dass sich Möglichkeiten im „Ballhaus zum fidelen Anreischken“ (ehemals Eichsfeldhalle) bieten würden, wenn nach Abschluss der Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen (auch bei der Technik) die Halle wieder genutzt werden kann. Und auch die ersten Kontakte zu angesagten Musikern und Künstlern bestehen bereits.
Also hoffen wir, dass wir gemeinsam all die wunderbaren Pläne bald in die Tat umsetzen können. Bisher ist nämlich noch Stillstand angesagt. 2020 gibt es keine Musiknacht, vorerst keine Konzerte, kein Theater, keine Kultur. Mit Corona geht nichts. „Bisher gibt es keine Möglichkeiten, die Sicherheitsvorkehrungen bei Kulturveranstaltungen zu gewährleisten. Wir können ja nicht nur die Hälfte der Gäste reinlassen“, bedauert Sabine Holste-Hoffmann auch in ihrer Funktion beim Duderstädter Ordnungsamt die momentane Lage. Zwölf TKV-Veranstaltungen waren für die laufende Saison geplant, nur vier haben stattgefunden. Mit den Sponsoren, u. a. die Sparkasse Duderstadt und der Landschaftsverband Südniedersachsen, muss nun neu verhandelt werden und man hofft, dass die bisherigen Abonnenten auch für die nächste Saison noch die Treue halten.
Aber wie sagte schon der Schriftsteller Max Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“
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