Den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit feierten die Eichsfeld-Städte und das Grenzlandmuseum mit einem gemeinsam vorgestellten Programm zum Wochenende 3. und 4. Oktober 2020. Der Auftakt war ein ökumenischer und länderübergreifender Gottesdienst in der Duderstädter Basilika St. Cyriakus. Eine weitere große Rolle spielten Ost-West-Geschichten der Liebe.
Bevor Pastorin Christina Abel, Dechant Wigbert Schwarze und Propst Hartmut Gremler am 3. Oktober die Gläubigen in St. Cyriakus begrüßten, läuteten um 10 Uhr die Glocken aller Kirchengemeindem im Eichsfeld für 15 Minuten. Im Gottesdienst wurden Erinnerungen an die Zeit der Wende und Wiedervereinigung geweckt. Aber Propst Gremler verurteilte auch mit deutlichen Worten die heutigen Entwicklungen im Umgang mit Flüchtenden als Taten gegen die Würde des Menschen. Da wegen der Corona-Regelungen nur eine begrenzte Zahl an Gläubigen in der Kirche Platz fanden, wurde der Gottesdienst zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit live auf kirche-duderstadt.de übertragen. Der Mitschnitt ist dort weiterhin anzusehen.
In den vier Eichsfeld-Städten Duderstadt, Dingelstädt, Heiligenstadt und Leinefelde-Worbis wurden an beiden Tagen des Wochenendes Führungen, Ausstellungen, Filmvorführungen und Wanderungen am Grünen Band angeboten.
Am Grenzlandmuseum hieß das Motto: 30 Jahre – 30 Lieben.
Paare – wie zum Beispiel Sabine Apel aus Teistungen und Mauricio Eschoyez aus Córdoba, Argentinien – hätten sich vermutlich nie kennenlernen können, wenn es 1989 nicht zur friedlichen Revolution und zur Grenzöffnung gekommen wäre. Das Team im Grenzlandmuseum hatte nun 30 Jahre nach der Deutschen Wiedervereinigung Liebes- und Ehepaare aufgerufen, ihre gemeinsame Geschichte zu erzählen.
Nach den Grußworten der beiden Vorsitzenden des Trägervereins des Grenzlandmuseums, Horst Dornieden und Wolfgang Nolte, gaben einige Paare kurze öffentliche Interviews.
Mira Keune, Geschäftsführerin des Grenzlandmuseums, sowie Andrea Heinemann und Ulrike Fricke (beide: Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie im Eichsfeld) hatten einige Fragen vorbereitet, die aufzeigen sollten, wo es innerhalb der gewachsenen Familien noch Unterschiede zwischen Ost und West gebe – oder wo man längst zusammengewachsen sei.
Ihre persönlichen Eindrücke zum Zusammenwachsen erzählten auch Alexander Nolte (Duderstadt, Sohn des zweiten Vorsitzenden des Trägervereins Wolfgang Nolte) und Anja Nolte (Nordhausen). Ihre gemeinsamen Kinder gehören schon der Generation an, die die deutsche Teilung nur noch aus Erzählungen kennt.
Wie auch bei anderen Paaren wurde deutlich: die innerdeutsche Grenze hatte 40 Jahre nicht nur einen Keil durch ein Land getrieben, sondern war auch emotional deutlich spürbar, indem sie Familienmitglieder und Freunde voneinander trennte. Viele der Interviewpartner hatten auch zu Grenzzeiten nahe Verwandte im anderen Teil Deutschlands. Wiedervereinigung bedeutete auch Familienzusammenführung.
Wie schnell sich nach der Grenzöffnung Ost-West-Paare fanden und auch heirateten, erzählte die Duderstädter Standesbeamtin Sabine Holste-Hoffmann auf rührende Weise. Und dass die west-östliche Wiedervereinigung bis heute anhält, brachte ein junges Paar zum Ausdruck, das durch Zufall seine Standesbeamtin auf der Bühne sah. „Wir haben vor kurzem geheiratet. Sabine Holste-Hoffmann hat uns getraut“, erzählten die Leinefelderin Carina Otto und ihr Mann Daniel Otto aus Duderstadt.
Sogar das NDR-Fernsehen war am 30. Tag der Deutschen Einheit im Eichsfeld und sendete abends live aus dem Grenzlandmuseum für „Hallo Niedersachsen“.
Für die Mitarbeiter*innen im Grenzlandmuseum war es erfreulich, dass trotz der Corona-Einschränkungen so viele Besucher kamen. „Es hätte kaum besser laufen können“, zeigte sich Gästeführerin Ursula Apel hochzufrieden mit dem Interesse der Menschen.
Filme spielten außerdem bei der Reihe „Ausbruch, Durchbruch, Umbruch“ eine Rolle. Am 3. Oktober wurde der Dokumentarfilm „Novembertage“ gezeigt, wozu der Historiker und pädagogische Mitarbeiter des Grenzlandmuseums Patrick Hoffmann spannende Hintergrundinformationen erläuterte. Am 4. Oktober wurde ein Animationsfilm für die ganze Familie gezeigt: „Fritzi – eine Wendewundergeschichte“ lässt die Zeit der Wende in Leipzig und schließlich die Grenzöffnung am 9. November 1989 aus dem Blickwinkel eines zwölfjährigen Mädchens nacherleben. Besonders den jungen Zuschauern wird dabei auf altersgerechte und emotionale Weise ein historisches Thema nahegebracht. Außerdem hatten die jungen Zuschauer die Chance, dem Produktionsleiter des Films, Christian Asmussen, Fragen zu stellen. Moderiert hat wiederum Patrick Hoffmann.
Da wegen der Corona-Regelungen nur eine reduzierte Platzzahl angeboten werden konnte, besteht noch die Möglichkeit, „Fritzi – eine Wendewundergeschichte“ am kommenden Wochenende im kostenfreien Autokino auf dem Hahletalparkplatz anzusehen. Mehr Infos HIER
Die Ballonfahrt, die im Einheits-Quiz über die Social-Media-Kanäle zu gewinnen war, konnte am Festwochenende wegen des starken Windes nicht stattfinden. Die Gewinner wurden aber informiert und dürfen ihre Fahrt im Heißluftballon über das Eichsfeld zu einem späteren Termin vom Startpunkt Grenzlandweg auf dem Pferdeberg nachholen.
ClanysEichsfeldBlog Duderstadt GrenzlandmuseumEichsfeld 30JahreDeutscheEinheit