Seit Oktober 2022 gibt es in Duderstadt einen Coworking Space im Westerturm-Ensemble. Um einen Eindruck von der Nutzung, von Wünschen und möglichen Verbesserungen zu erhalten, wurden in einem Workshop erste Erfahrungen ausgewertet. Neben bisherigen Nutzern und Verantwortlichen kam zu diesem Austausch auch ein Team vom Coworking Eichsfeld e.V. aus Heiligenstadt, wo ein Coworking Space auf Vereinsbasis betrieben wird.
Für potenzielle Nutzer ist ein temporär oder auch dauerhaft buchbarer Arbeitsplatz mit Gemeinschaftsküche, Sanitärbereichen oder Meetingräumen deutlich kostengünstiger als ein eigenständig angemieteter Büroraum, bei dem man auch alle Nebenkosten und Verpflichtungen selbst trägt. Finanziell können sich Coworking Spaces tragen, wenn sie gut ausgelastet sind, von Menschen im Job, bei der Vereinsarbeit oder für Veranstaltungen.
Der Coworking Space in Duderstadt wurde durch das Förderprogramm “Pespektive Innenstadt“ ermöglicht. Bis Januar 2023 läuft eine Machbarkeitsstudie, wodurch ausgewertet werden soll, wie der Space genutzt wird oder was noch fehlt, um ihn mehr auszulasten. In dieser Zeit ist er kostenfrei zu buchen. Julie Biemann und Hans-Albrecht Wiehler von CoWorkLand (Genossenschaft für Coworking auf dem Land) als Betreiber bestätigten, dass der Space in Duderstadt bereits von Einzelpersonen und Teams (berufliche und ehrenamtliche) gebucht wurde, oder dass Interesse bestehe, aber bisher nicht alle Bedürfnisse der potenziellen Nutzer erfüllt werden konnten. „Jeder Space hat sein eigenes Betriebsmodell. In der Großstadt gibt es ganz andere Prioritäten als im ländlichen Raum“, erklärte Julie Biemann. Daher solle eine Auswertung die Bedürfnisse in Duderstadt genauer abbilden.
Im Workshop filterte sich heraus, dass die bisherigen Nutzer zwar die Möglichkeiten begrüßten, in Duderstadt einen temporären und flexiblen Arbeitsplatz mit der Chance auf Networking in der Innenstadt buchen zu können. Die Atmosphäre zwischen historischem Mauerwerk und moderner Einrichtung wurde ebenso positiv bewertet wie die Möglichkeit, hier Leute zu treffen und Synergien entwickeln zu können.
Einige individuelle Ansprüche konnten allerdings nicht erfüllt werden. Die sechs zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze befinden sich alle in einem Raum (die Dachterrasse ist zwar auch nutzbar, aber nicht im Winter). Wer also in Ruhe oder länger telefonieren muss, könnte andere beim konzentrierten Arbeiten stören, bzw. hat Zuhörer beim Telefonat. Ein ähnliches Problem entsteht, wenn sich mehrere Leute zu einer Besprechung treffen, eine andere Person aber konzentriert arbeiten möchte. Networking ist gut im Eingangsbereich (ehemals Café Zum Spießbürger) möglich. Dort gibt es auch warme oder kalte Getränke. Allerdings eignet sich der Raum nicht für ein internes Meeting, da hier Durchgangsverkehr herrscht.
Ein weiterer Nachteil ist, dass die Toiletten im Untergeschoss nicht barrierefrei erreichbar sind. Der Fahrstuhl führt nur vom Erdgeschoss in die oberen Etagen. Im Workshop kam außerdem die Anregung, Schließfächer im Space anzubieten, um Material, Akten etc. für längere Nutzungszeiträume lagern zu können. Als positiv bewertet wurde die Lage in der Innenstadt, die gut erreichbaren Parkmöglichkeiten und der ÖPNV-Anschluss am ZOB.
Buchungszeiten: Der Space ist wochentags von 9 bis 17 Uhr (vormittags, nachmittags oder ganztägig) online zu buchen. Außerhalb der üblichen Arbeitszeiten soll er auch als ein „Haus der Vereine“ verschiedenen Gruppen zur Verfügung stehen, die Platz für ihre Vereinsarbeit, Seminare oder für kleinere Veranstaltungen brauchen. Wer den Raum abends oder am Wochenende nutzen möchte, kann das individuell mit dem CoWorkLand-Team absprechen. Infos: https://coworkland.de/de/spaces/pop-up-duderstadt.
„Wir stehen auch in Kontakt mit dem Coworking Eichsfeld e.V. in Heiligenstadt und tauschen uns aus“, erklärte Simon Renziehausen, der für die Stadt Duderstadt mit dem Coworking-Projekt betraut ist. Claudio und Elena Garcia aus der Vorstandsriege des Vereins waren ebenfalls zum Workshop nach Duderstadt gekommen.
Ein Blick nach Heiligenstadt zeigt, dass dort zunächst die räumliche Größe den Vorteil bietet, die Fläche flexibler zu nutzen. Der Space wurde in einer ehemaligen Druckerei eingerichtet. Auch hier gibt es individuelle Arbeitsplätze in einem Raum, die allerdings durch Sichtschutzwände voneinander getrennt sind. „Wir legen Wert darauf, dass sich hier alle wohl fühlen und gern kommen“, erklärt Claudio Garcia und verweist auf die moderne und zugleich gemütliche Einrichtung mit Grünpflanzen an jedem Schreibtisch. Dank der Raumgröße konnte auch ein Meetingraum durch Leichtbauwände angetrennt und eine Zelle für längere Telefonate eingerichtet werden. Wer es noch etwas bequemer mag, kann im Sofabereich auf der Galerie über dem Meetingraum arbeiten oder eine kreative Pause einlegen. Der Küchenbereich liegt etwas abgeschirmt hinter dem Meetingraum, sodass Gespräche beim Kaffeekochen nicht unbedingt die Arbeitenden am Schreibtisch stören. Der Coworking Eichsfeld e.V. bietet zusätzlich noch Beratungsmodule für Start-ups an. Ein Nachteil in Heiligenstadt sind die begrenzten Parkmöglichkeiten und die etwas versteckte Lage für Nicht-Ortskundige.
Beide Spaces, in Duderstadt und in Heiligenstadt, sind sehr junge Projekte, die sich den Bedürfnissen der Nutzer entsprechend weiterentwickeln werden. Vielfältigkeit, Networking, individuelles und flexibles Arbeiten, eine angenehme und gleichermaßen repräsentative Arbeitsumgebung, Nachhaltigkeit und die Nutzung bereits vorhandener Räumlichkeiten gehören bei beiden Projekten zu den wesentlichen Zielen und Eigenschaften. Eine Weiterentwicklung ist möglich, wenn der Bedarf analysiert wird und das Angebot entsprechend angeglichen werden kann. Aber für beide Projekte gilt auch: Hier wurde ein wichtiger Schritt getan in eine sich verändernde Arbeitswelt, in der soziale, ökonomische und ökologische Komponenten eine immer größer werdende Rolle spielen.
Duderstadts Bürgermeister Thorsten Feike, der ebenfalls die Diskussionen beim Workshop verfolgte, wolle mit seinem Team anhand der Auswertungen der Machbarkeitsstudie weitere Überlegungen anstellen, wie der Coworking Space zu einem festen Bestandteil in der modernen Duderstädter Stadtentwicklung werden könne. Möglich seien vielleicht auch weitere dem Projekt angegliederte Raumkonzepte in bisherigen Leerständen.
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