Vor 100 Jahren: Am 8. Februar 1922 wurde Maria Näder geboren

Maria Näder (1922 – 2005), die Tochter von Firmengründer Otto Bock und Ehefrau des Duderstädter Ehrenbürgers Dr.-Ing. E. h. Max Näder, hätte am 8. Februar 2022 ihren 100. Geburtstag gefeiert. Ihrem Wirken gedenken Angehörige und Vertraute.

Ihr Sohn Hans Georg Näder, heutiger Eigentümer und Vorsitzender des Verwaltungsrates von Ottobock, schreibt:
„Mutter Mia war als Tochter von Otto Bock und als Gesellschafterin die starke Frau an der Seite meines Vaters. Sie hat großen Anteil am Restart in Duderstadt, nach Flucht und Enteignung. Für mich war sie mit ihrem Stil, ihrem protestantischen Glauben, ihrem humanistischen und liebevollen Wertekanon eine prägende Mutterfigur. Oma Mia hat diese Werte früh an meine Töchter Julia und Georgia weitergegeben. Ihre Exzentrik scheint auch manchmal bei mir durch. I love it.“
Aus seiner Kindheit berichtet Hans Georg Näder: „Meine Mutter war immer da, mit Herzenswärme. Fiel ein Kumpel beim Kicken in den Schlamm, bekam er saubere Shirts und Shorts – bevor es für die ganze Bande etwas zu essen gab. Ihr Engagement für die SOS Kinderdörfer hat mir den Weg gewiesen. Ihre Werte als evangelische Christin haben die Familie geprägt.“

 

Richtfest bei Ottobock, Duderstadt 1969: Maria, Hans Georg und Max Näder (Foto: Ottobock Family Office)

 

Georgia Näder: „Denke ich an meine Oma Maria, kommt mir die gemeinsame Zeit nach der Schule in den Sinn. Am Esstisch wurden wichtige Entscheidungen getroffen und spannende Geschichten erzählt, die ich als kleines Kind aufgesaugt habe. Mittags gab es meist Kartoffelpuffer mit Apfelmus oder Schokopudding mit Vanillesoße – oder eben beides. Anschließend haben wir zusammen gemalt, das konnte sie sehr gut. Wir sind durch den Garten gegangen und haben Schildkröte Susi mit Erdbeeren gefüttert. Oma war eine starke Frau an Opas Seite. Ohne ihre Unterstützung, den Halt und ihre Arbeit im Hintergrund, vor allem in jenen bewegten Zeiten, wäre die Firma nicht so erfolgreich gewesen.“

Julia Näder: „Mit meiner Großmutter verbinde ich vor allem Geschichten. Sie hat großen Aufwand betrieben, um für uns als Familie Erlebnisse aus der Vergangenheit und zwischenmenschliche Beziehungen in Buchbänden zusammenzufassen. Das war ihr eine Herzensangelegenheit! Ich hatte immer große Angst davor, meine Großeltern zu verlieren. Oma Mia nahm mir diese, indem sie mir sagte, dass durch ihre Geschichten – und wenn wir weiterhin die schönen Momente teilen, die wir mit ihnen erlebt haben – es so sein wird als wären sie noch da.  Und so reden wir auch heute noch viel über meine Großeltern und freuen uns über die schönen Momente, die wir erlebt haben. Wenn ich manchmal an meine Oma denke und sie vermisse, ziehe ich eins ihrer Bücher aus dem Regal und freue mich über die Erinnerungen, die sie für uns festgehalten hat!“

Maria Näder hat in der Nachkriegszeit den Neubeginn der Orthopädischen Industrie aktiv begleitet. Für drei Generationen sei sie der ruhende Pol des Familienunternehmens gewesen, schreiben die langjährige Sekretärin des Unternehmens Ursula Grunau und Lothar Milde, ehemaliger enger Mitarbeiter Max Näders (1915 – 2009).

Ursula Grunau und Lothar Milde erinnern an das Leben Maria Näders:
„Geboren wird Maria Bock am 8. Februar 1922 im thüringischen Königsee, dem Ort des Stammhauses der Otto Bock Orthopädische Industrie. Zusammen mit ihrer älteren Schwester Ursula erlebt sie „schöne Kindertage im Thüringer Wald, in preußisch-konservativer und christlich geprägter Umgebung“, wie sie später berichtet. Ihre Schulzeit an der Oberschule für Mädchen in Potsdam-Hermannswerder ist ein prägender Abschnitt in ihrem Leben als behütete Tochter. Dort hat sie „die preußischen Tugenden“ verinnerlicht, wie man in ihrem Buch „Briefe aus bewegten Zeiten“ nachlesen kann.

 

Maria Bock als Abiturientin (aus dem Buch „Bewegte Zeiten“)

 

Zur gleichen Zeit absolviert der junge Max Näder zwischen Abitur und Maschinenbaustudium bei Ottobock eine Ausbildung zum Orthopädiemechaniker und wird Ende 1938 zum Wehrdienst eingezogen. Ab 1940 wird Maria Bock im väterlichen Betrieb zum Industriekaufmann ausgebildet (zu der Zeit gilt nur die männliche Berufsbezeichnung). Hier lernt sie Max Näder kennen. 1942 verlobt sich das junge Paar, und im August 1943 findet während eines Fronturlaubs die Hochzeit statt.
1945 verlässt Maria ihre thüringische Heimat, um ihren Ehemann in Hamburg wiederzusehen. Max Näders erstes Eintreffen in Duderstadt am 11. November 1945 wird zu einem oft zitierten legendären Moment der Firmengeschichte. Im Februar 1946 eröffnet Max Näder in der Marktstraße 71 die „Zweigstelle Nord“, und auf dem Euzenberg beginnt ein neues Kapitel der Ottobock Firmengeschichte. Die Halle 20 ist Betriebsstätte und Wohnung zugleich und auch Zufluchtsort für das Ehepaar Marie und Otto Bock, die nach der Enteignung 1948 Thüringen verlassen.
Der Aufbau der Firma erfordert alle Kräfte des jungen Unternehmerpaares; Maria Näder ist als Sekretärin unersetzlich. In der 3-bändigen Firmenbiografie von Maria Hauff sind die Fakten nachzulesen.
Am 4. September 1961 wird Sohn Hans Georg geboren. Duderstadt und die Villa am Hindenburgring werden Maria Näders zweite Heimat, doch ihre Liebe zu Thüringen bleibt. Mit der Grenzöffnung beginnt ein neues Kapitel Lebens- und Firmengeschichte: 1990 besucht sie zum ersten Mal ihre Heimatstadt Königsee. Die Einweihung des wiedererworbenen Familienstammsitzes 1993 ist ein generationenübergreifendes Fest des aufstrebenden Weltmarktführers.
Maria Näder steht beispielhaft für ein erfolgreiches Familienunternehmertum mit traditionellen Werten. Privat und beruflich war sie über Jahrzehnte die verbindende Klammer zwischen bodenständiger Heimattreue und internationaler Orientierung. Als Grande Dame beherrscht sie souverän das elegante Parkett, ob in Cannes oder Arosa, und ebenso authentisch den mitmenschlichen Umgang im heimischen Eichsfeld. Selbstbewusste Ehefrau und fürsorgliche Mutter, großzügige Schwiegermutter und liebevolle, zärtliche Großmutter war sie in einer Person. Glücklich konnte sich schätzen, wer ihre zurückhaltende und liebenswürdige Gesprächsführung persönlich erleben durfte.“

Die Autoren:

Ursula Grunau begleitet die Familie Näder und das Unternehmen Ottobock seit nunmehr fast fünf Jahrzehnten. Die 82-Jährige lebt in Duderstadt und schätzt es, täglich noch einige Stunden im Max-Näder-Haus zu verbringen, um Archivierungsarbeiten für das Ottobock Firmen- und Familienarchiv vorzunehmen.

Lothar Milde (Jahrgang 1943) hat seit 1983 als orthopädischer Ansprechpartner eng mit Max Näder zusammengearbeitet. Für Hans Georg Näder war er fachlicher Berater und hat dessen Zugang zur Orthopädie-Technik mitgeprägt. Mildes Mitwirkung im Archivteam des Max-Näder-Hauses bis Ende Dezember 2020 zeigt seine Verbundenheit mit Ottobock und der Familie Näder.

 

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