Piano in elektronischen Klangbildern: Martin Kohlstedt widmet sich musikalisch der Grenzabriegelung vor 70 Jahren

Mit Modular Composing – der klanglichen Erweiterung von Musikkompositionen durch digitale Module – hat sich der Pianist Martin Kohlstedt auch auf internationaler Ebene einen Namen gemacht. Das Konzert im Duderstädter Rathaussaal war aber eher ein Heimspiel für den gebürtigen Obereichsfelder, der auch mal zwei Tastaturen und Pedale gleichzeitig bediente. Sein Publikum nahm er mit auf eine Reise zwischen feinfühlig-virtuosem Piano und elektronischen Klangbildern.

Modular Composing lebt von der Verknüpfung verschiedener Elemente, die eine neue, und doch irgendwie vertraute Symbiose erschaffen. Martin Kohlstedt ist zudem ein Meister der Improvisation, dem an diesem Abend allerdings keine ganz leichte Aufgabe gestellt wurde. Das Konzert in Duderstadt war nämlich Teil der Veranstaltungsreihe „Der Schnitt – Die Grenzabriegelung der DDR 1952“ des Thüringer Geschichtsverbundes und der Stiftung Naturschutz Thüringen. Es fand im Rahmen der Fachtagung im Grenzlandmuseum Eichsfeld zum 70. Jahrestag der Abriegelung der innerdeutschen Grenze statt. Dementsprechend war also auch die musikalische Thematik umrissen, die Peter Wurschi, thüringischer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, in seiner kurzen Begrüßung erläuterte: „Die Soundcollagen von Martin Kohlstedt sind der richtige Soundtrack, um über die Grenzschließung und ihre Folgen nachzudenken.“
Um das Konzert auch für Nicht-Tagungsteilnehmer zu öffnen, konnte in Kooperation mit der Theater- und Konzertvereinigung Duderstadt die Abendveranstaltung ins Duderstädter Rathaus verlegt werden.

Die Klangbilder von Martin Kohlstedt lockten Vielschichtiges heraus: Beklemmung wurde zerschnitten von grellen Klaviertönen, die sich kurz darauf in Sanftheit und Melancholie verwandelten. Elektro-Orgel vermischte sich mit Beats, schwere Dynamik löste sich auf in Schwerelosigkeit. Hektische Reizüberflutung mündete in friedvolle Erdung, Lichtkompositionen setzten Kontraste. Mit humorvoller Selbsthinterfragung moderierte Martin Kohlstedt das eigene Programm, das im Laufe des Abends auf der Bühne intuitiv entstand. Der anhaltende kräftige Applaus entlockte noch zwei Zugaben.

 

Moderiert das eigene Programm: Martin Kohlstedt

 

Martin Kohlstedt stammt aus Breitenworbis, aber lebt und arbeitet heute in Weimar. Seine Alben Tag, Nacht, Strom, Ströme und Flur und deren Begleiter in Form von Reworks erhielten internationale Anerkennung und führten den Komponisten und Pianisten auf Konzertreisen in der ganzen Welt. Neben eigenen Stücken schreibt er Soundtracks für Filme, Theaterstücke, Podcasts und Hörspiele, er führt sein eigenes Label und versucht sein Wirken mit Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in Einklang zu bringen.

 

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