Mehr als 50 Menschen sind am 2. Oktober 1961 aus dem thüringischen Böseckendorf ins niedersächsische Immingerode geflüchtet. Am 60. Jahrestag der „Massenflucht“ aus dem 500-Meter-Schutzstreifen der DDR-Grenze wird in der Bildungsstätte des Grenzlandmuseums Eichsfeld der Dokumentarfilm „Bei Nacht und Nebel“ gezeigt. Ein Zeitzeuge spricht außerdem über dieses in der deutschen Geschichte einzigartige Ereignis. Beginn ist um 19 Uhr.
Bereits 1952 hat das DDR-Regime an der innerdeutschen Grenze ein Sperrgebiet eingerichtet, an dem ganz besondere Regeln galten. Dazu gehörten die Ausgangssperre nach Einbruch der Dunkelheit oder Feldarbeit nur nach Anmeldung bei der Grenzpolizei. Nach dem Beginn des Mauerbaus im August 1961 kursierten auch in Böseckendorf Gerüchte über erneute Zwangsaussiedlungen im Sperrgebiet, wie sie bereits 1952 unter der Bezeichnung „Aktion Ungeziefer“ durchgeführt wurden. Am 1. Oktober 1961 wurden im Zuge des Mauerbaus auch die Grenzabsperrungen verstärkt.
16 Familien, insgesamt 53 Böseckendorfer, entschieden sich, in der Nacht vom 2. Oktober 1961 die DDR zu verlassen. Nur wenige begannen tagsüber unauffällig mit den Fluchtvorbereitungen, die meisten arbeiteten wie gewohnt auf den Feldern. Erst spät, „bei Nacht und Nebel“ wurden Kinder, Alte und eine hochschwangere Frau auf das zweispännige Pferdefuhrwerk gesetzt. Eine Polsterung aus Daunenbetten sollte die Gewehrkugeln der Grenzsoldaten bei einer möglichen Entdeckung abhalten. An den Wagen wurde ein Strick gebunden, an dem sich alle anderen festhalten konnten, um sich in der Dunkelheit nicht zu verlieren. Es gelang den Flüchtenden, unbemerkt die Grenze zur Bundesrepublik zu passieren. Am großen Wegkreuz bei Immingerode dankten die Böseckendorfer mit einem Gebet mitten in der Nacht für die geglückte Flucht. Kurz darauf begann die Zwangsaussiedlung aus dem Sperrgebiet.
Heute erinnern zwei Gedenksteine an der Böseckendorfer Straße an die Flucht aus der DDR. 1952 waren bereits drei Familien aus Böseckendorf geflohen, 1963 gelang weiteren 12 Personen die Flucht.
(Quelle: Ausstellungsbegleitband Grenzlandmuseum Eichsfeld)
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