Der Göttinger Journalist Jürgen Gückel hat mit seinem neuen Buch „Klassenfoto mit Massenmörder“ die Biografie eines NS-Verbrechers nachgezeichnet und dabei auch das kollektive Schweigen in der Nachkriegszeit beleuchtet. Das Buch ist in den Vandenhoeck & Ruprecht Verlagen erschienen. Zu einer Autorenlesung kommt Jürgen Gückel nach Duderstadt. Am Mittwoch, 22. Januar 2020, ist er in der Buchhandlung Mecke zu hören. Beginn ist um 19 Uhr.
Der Verlag beschreibt das Werk folgendermaßen:
„Niedersachsen, August 1961. Der Klassenlehrer Walter Wilke wird in seiner Dorfschule aus dem Unterricht abgeholt und später in einem der ersten großen Prozesse über deutsche Verbrechen in Osteuropa verurteilt. In seinem kleinen Ort wird über die Sache nicht gesprochen. Später kehrt der Mann zurück und lebt bis zu seinem Tod 1989 zurückgezogen im Dorf. Seine Frau, mit der er über Jahre in Bigamie gelebt hatte, ist die beliebte Landärztin.
Jürgen Gückel, mehrfach ausgezeichneter Gerichtsreporter, geht einer Spur nach. Einer Geschichte, die ihn seit der Schulzeit beschäftigt, denn Walter Wilke war sein erster Lehrer. Gückel rekonstruiert einen einzigartigen Lebensweg: „Walter“ war in Wahrheit Artur Wilke, der die Identität seines gefallenen Bruders angenommen hatte. Artur selbst war studierter Theologe und Archäologe, im Dritten Reich der SS beigetreten, nachweislich an Massenerschießungen von Juden beteiligt, galt als gefürchteter Partisanen-Jäger und wurde nach dem Krieg dann – Volksschullehrer. Sein Name ist mit grauenhaften Kriegsverbrechen verbunden, doch zur Rechenschaft gezogen wurde er für seine Taten im Partisanenkampf nie.
Das Buch zeichnet nicht nur eine spektakuläre deutsche Biografie im 20. Jahrhundert nach – die Entwicklung eines Intellektuellen zum Täter und die Verneinung jeglicher persönlicher Schuld, das Wegsehen der Gesellschaft. Es zeigt auch auf, wie schwierig das Erinnern ist, wie unterschiedlich Erlebtes bewertet wird und wie schwer die Erarbeitung historischer Wahrheit letztlich ist. Auch nach der Sichtung mehrerer zehntausend Seiten Gerichtsakten und anderer Dokumente bleiben scheinbar einfache Fragen offen.
Eine wahre Geschichte über Bigamie und Theologie, Verbrechen und Vertuschung, über die deutsche Nachkriegsgesellschaft und über eine familiäre Tragödie.“
Tickets gibt es in der Buchhandlung Mecke im Vorverkauf für 8 Euro (ermäßigt 5 Euro), an der Abendkasse 9 Euro (ermäßigt 6 Euro).
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