„Aus Australien zurück“: Ausstellung zum 325-jährigen Jubiläum der Ursulinen in Duderstadt erinnert an wechselvolle Geschichte

Das Ursulinenkloster Duderstadt feiert 2025 sein 325-jähriges Bestehen. In diesem Rahmen wird am Samstag, 23. August, um 11 Uhr die Ausstellung „Aus Australien zurück“ in der Aula der St.-Ursula-Schule eröffnet. Bei den Exponaten handelt es sich um außergewöhnliche Paramente und Bücher der Duderstädter Ursulinen, die eine spannende Reise hinter sich haben und nach 140 Jahren aus dem australischen Armidale zurück nach Duderstadt kehrten.

„Die Kelchtücher wurden von den Duderstädter Ursulinen hergestellt, und zwar von den Gründerinnen des Klosters“, sagt Kuratorin Dr. Bettina Bommer und verweist auf die handgestickte, etwas verblichene, aber gut erkennbare Jahreszahl 1707. Sie kennt die Geschichte um die Odyssee, welche die Exponate seit dem 19. Jahrhundert hinter sich haben, recht genau. Sie unterstützte Sr. Justina Kaboth in Duderstadt bei der Dokumentation „Es kommt oft anders als man denkt – Die Auswirkungen der Bismarckschen Kulturkampfgesetze auf den Duderstädter Ursulinenkonvent“, die anhand der Aufzeichnungen der Ursulinen in Armidale entstanden ist. Die Veröffentlichung hat Sr. Justina nicht mehr erlebt. Aber das spannend zu lesende Werk konnte dank der Fortführung der Arbeit durch Dr. Bettina Bommer vollendet werden (erschienen in der Reihe „Hildesheimer Chronik,, Jg. 2011, Band 20“).

 

Kloster der Ursulinen in Duderstadt, um 1750 (Quelle: Ursulinen Duderstadt)

 

Im Jahr 1700 wurden drei Erfurter Nonnen nach Duderstadt berufen und gründeten in der Neutorstraße ein Kloster mit dem Ziel, den Mädchen im Eichsfeld religiöse und schulische Bildung zu ermöglichen. Ein Gymnasium für Jungen gab es bereits seit 1669. Die Schule der Ursulinen genoss große Anerkennung in Duderstadt und konnte über 150 Jahre erfolgreich geführt und erweitert werden.

Im 19. Jahrhundert kam es zum Kulturkampf zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche. Seit 1866 gehörten das Königreich Hannover, und somit auch Duderstadt und das Untereichsfeld, zu Preußen. Nach der Reichsgründung 1871 wollte Reichskanzler Otto von Bismarck den Einfluss der Kirchen verringern, das Schulwesen erneuern und einen liberalen Nationalstaat schaffen. In den darauffolgenden Jahren wurden einige Gesetzen erlassen, die den Einfluss von Geistlichen immer weiter einschränkten. 1872 durften Ordensangehörige nicht mehr an öffentlichen Schulen unterrichten und mussten durch weltliche Lehrkräfte ersetzt werden. Vermutlich eingefädelt vom Schulvorstand und vom Magistrat, der die gut laufende öffentliche Ursulinenschule mitfinanzierte, bewarb sich allerdings keine weltliche Kraft auf die freien Stellen in Duderstadt, und so „mussten“ die Ordensfrauen weiter unterrichten.

1875 folgte dann das Ordensgesetz, das allen katholischen Orden, die sich nicht ausschließlich der Krankenpflege widmeten, ein weiteres Wirken im preußischen Staat untersagte. 1877 wurde schließlich auch der Ursulinenorden aus dem Eichsfeld vertrieben.

 

Ansicht auf Liebfrauenkirche und Klostergebäude der Ursulinen um 1900

 

Es sind Aufzeichnungen von Sr. Xaveria Graȅn und Sr. Cordula Rowland in der Chronik von Armidale erhalten, die von der sich immer weiter zuspitzenden Lage in Duderstadt, von Verboten und fehlenden Einnahmen, vom emotionalen Abschied und der stürmischen Seereise, der Ankunft in England, der Ungewissheit und der Suche nach einem Zufluchtsort im Exil berichten. Im Londoner Stadtteil Greenwich konnten die Schwestern schließlich ein neues Konvent gründen.

1881 schrieb Dr. Elzear Torreggiani, Bischof von Armidale und zuvor englischer Missionspriester, an die Ursulinen in Greenwich und bat sie, auch in Australien ein Konvent mit Schule zu gründen, um „dort dieselbe vorteilhafte Erziehung in Gang zu setzen, derer sich die Nationen beim Fortschritt der Zivilisation erfreut hatten“. Neun Schwestern und zwei Postulantinnen nahmen gemeinsam mit ihrer Oberin Sr. Bernarda Wippern die Einladung an und wagten 1882 die Reise nach Australien. Dabei schlugen sie ein großzügiges Angebot aus, auf dem neu gebauten Dampfschiff „The Austral“ als Passagiere erster Klasse mitzufahren und entschieden sich für den alten Windjammer „Duchess of Edinbourgh“. Der Dampfer sank im Sturm, die Ursulinen gelangten nach 14 Wochen auf dem Segelschiff wohlbehalten nach Australien. Mit an Bord waren Bücher und Paramente aus Duderstadt.

 

„Duchess of Edinbourgh“, gemalt von Sr. Cordula Rowland auf der Überfahrt nach Australien (Quelle: Ursulinen Duderstadt)

 

Bereits 1887 konnte eine Abordnung von Ursulinen aus Hildesheim und Belgien die Arbeit in Duderstadt wieder aufnehmen. Die ausgewanderten Duderstädter Ursulinen blieben jedoch in ihrem neuen Konvent in Australien, ein kleinerer Teil in Greenwich.

2022 meldeten sich Ursulinen aus Armidale bei Sr. Ingeborg, Geschäftsführerin der Stiftung der Ursulinen in Duderstadt. Bereits 2015 war das Duderstädter Kloster wegen fehlender Novizinnen in eine Stiftung umgewandelt worden.
Auch in Australien mussten wegen Nachwuchsmangel mehrere Konvente schließen, darunter das 1882 von den Duderstädter Ursulinen gegründete Konvent in Armidale. Um die historischen Paramente und Bücher in guter Obhut zu wissen, schickten die Schwestern aus Armidale diese mit der Post zur überraschten Sr. Ingeborg. So gelangten die Kostbarkeiten schließlich nach 140 Jahren zurück an ihren Ursprungsort.

 

Kostbare Stickerei aus der Gründungszeit des Ursulinenklosters in Duderstadt (Quelle: Ursulinen Duderstadt)

 

„Für uns besonders beeindruckend ist das Brevier, das – so ist es im Stundenbuch vermerkt – die Gründerin unseres Klosters, Clara-Eugenia von Ebelsbach, in den Händen hielt und daraus betete“, zeigte sich Sr. Ingeborg tief beeindruckt.

Um an die Geschichte der Duderstädter Ursulinen zu erinnern, sollen die Bücher und Paramente in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden. Unterstützung gab es von der VR Bank Mitte, der Volksbank Stiftung und der Sparkasse Duderstadt.

 

Ursulinenkloster in Duderstadt, heute Sitz der Stiftung der Ursulinen

Öffnungszeiten der Ausstellung in der Aula der St.-Ursula-Schule:
Bis zum 31. Oktober 2025 jeweils mittwochs von 11 bis 13 Uhr und samstags von 14 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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Das Titelbild zeigt die Jubiläumskarte aus Armidale mit dem Mutterhaus der Ursulinen in Duderstadt, dem nach der Vertreibung gegründeten Konvent in Greenwich und dem Konvent im australischen Armidale. (Quelle: Ursulinen Duderstadt)

 

325-jährige Geschichte der Ursulinen in Duderstadt

1535 – Angela Merici (1474 – 1540) gründet im italienischen Brescia die Compagnia di Sant‘ Orsola, woraus der Orden der Ursulinen entstanden ist. Damals waren Frauen in ganz Europa in ihren Rechten, ihrer Freiheit, Bildung und wirtschaftlichen Lage der Willkür ihrer Väter, Brüder, Ehemänner oder Beichtväter ausgesetzt. Geradezu revolutionär klangen daher die Thesen der Ordensgründerin, die im Orden kein Leitungsamt für Priester vorsah. „Als Vereinigung von Frauen sollte die Gemeinschaft von Außenstehenden unabhängig bleiben“, forderte Angela Merici und schuf über die gemeinschaftliche Solidarität eine soziale Absicherung für die Ordensmitglieder, also auch für junge, ehelose Frauen. Sie stellte sie unter den Schutz der heiligen Ursula als Patronin der Jugend. Bereits 100 Jahre später hatten sich die Ursulinen zum ersten weiblichen Schulorden weltweit entwickelt.

1700 – Erfurter Ursulinen kommen nach Duderstadt und gründen ein Kloster, um den Mädchen im Eichsfeld religiöse und schulische Bildung zu ermöglichen.

1877 – Im Kulturkampf zwischen Staat und Kirche werden die Ursulinen aus Duderstadt vertrieben und gründen in Australien ein neues Konvent.

1878 – Die katholische Kirche gründet eine Schule mit Pensionat für höhere Töchter, wo zunächst weltliche Lehrerinnen in der Tradition der Ursulinen unterrichteten.

1887 – Ursulinen aus Hildesheim und Belgien werden nach Duderstadt gesendet, um dort wieder die Arbeit des Ordens aufzunehmen. Sie erweiterten das Bildungsangebot des Pensionats um eine Hauswirtschaftsschule und um die Voraussetzungen zur Lehrerinnenausbildung.

1889 – Neubau der Liebfrauenkirche der Ursulinen im neoromanischen Stil (Neugestaltung 2007).

1927 – Nach der Erweiterung des schulischen Angebots der Ursulinen (Hauswirtschaftsschule, zehnklassiges Lyzeum, Oberlyzeum und Pensionat) wird erstmalig das Abitur an der Klosterschule absolviert.

1941 – Verstaatlichung der Ursulinenschule

1942 – In den Räumen der Klosterschule wird ein Lazarett eingerichtet.

1945 – Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzen die Ursulinen ihre Arbeit in der Schule und im angrenzenden Internat fort.

1950 – Eine Mädchenrealschule wird angegliedert.

1973 – Nach der Schulreform finden die letzten Abiturprüfungen in der Klosterschule statt. Unter der Trägerschaft des Bistums Hildesheim wird in den Räumen der Ursulinenschule die St.-Ursula-Hauptschule gegründet.

1974 – Das Schulzentrum auf der Klappe wird mit Gymnasium und Realschule eröffnet, wo Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet werden.

1995 – Gründung des Fördervereins des Ursulinenklosters

2002 – Sr. Ingeborg Wirz wird zur Oberin des Ursulinenklosters in Duderstadt gewählt. Die Naturwissenschaftlerin (Mathematik- und Chemie-Studium fürs Höhere Lehramt) hatte zuvor das St.-Ursula-Gymnasium in Hannover geleitet.

2010 – Die St.-Ursula-Hauptschule des Bistums wird umgestaltet in eine Integrierte Gesamtschule (IGS, endgültige Schließung 2023).

2015 – Gründung der Stiftung der Ursulinen in Duderstadt. Sr. Ingeborg Wirz wird Geschäftsführerin der Stiftung, Sr. Barbara Wien wird Oberin.

2021 – Sr. Aloisia Höing SMMP wird Oberin und Vorsitzende der Stiftung der Ursulinen.

2025 – Die Ursulinen feiern ihre 325-jährige Geschichte in Duderstadt.

 

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