Das Grenzlandmuseum Eichsfeld war Kooperationspartner bei einem Schülerprojekt am Göttinger Theodor-Heuss-Gymnasium. Schülerinnen und Schüler des 10. und 11. Jahrgangs begaben sich u.a. mit der „Oral-History-Methode“ – Gespräche mit Zeitzeugen – auf die Spuren der deutschen Teilung. Das Projekt stand unter der Schirmherrschaft des Landes Niedersachsen, das 2021 sein 75-jähriges Jubiläum feiert.
Unter den Zeitzeugen war u.a. die ehemalige DDR-Leistungssportlerin, Stasi- und Dopingopfer Gesine Tettenborn dabei. Im zweiten Teil des Projektes sollten auf einer Fahrradtour durch Göttingen Orte erforscht werden, die einen Bezug zur deutschen Teilung haben, erklärte Sandy Konradi-Rieche, pädagogische Mitarbeiterin am Grenzlandmuseum, die das Projekt in Göttingen mit betreute. Die Jugendlichen haben abschließend ihre Eindrücke zum Projekt „Spuren der deutschen Teilung“ zusammengefasst. Dabei spielten folgende Fragen eine Rolle: Wird in der Familie über die deutsche Teilung gesprochen? Ist in der jungen Generation heute noch etwas von der einstigen Teilung zu spüren? Und was hat bei dem Projekt am meisten beeindruckt?
Laurenz Muigg:
„Wir sprechen in der Familie oft über die Folgen der deutschen Teilung und politische Möglichkeiten, die immer noch vorhandenen strukturellen Differenzen zu lösen. Viele meiner Verwandten leben in Duderstadt nahe der ehemaligen Zonengrenze und haben ihre ganz eigenen Erfahrungen gemacht, angefangen mit der plötzlichen Trennung von Freunden und Verwandten nach dem Mauerbau, bis zur Ankunft der vielen Trabanten direkt nach der Öffnung des Grenzübergangs bei Teistungen.
Beim Urlaub in den neuen Bundesländern ist mir in den ländlichen Regionen aufgefallen, dass die Infrastruktur in zahlreichen Bereichen noch nicht ein für das 21. Jahrhundert angemessenes Niveau erreicht hat.
Der Vater eines Freundes von mir stammt aus Nordhausen in der DDR und die Mutter aus Niedersachsen. Ohne den Fall der Mauer ‘89 und der Wiedervereinigung hätte die Freundschaft niemals entstehen können. Die Erzählungen der Zeitzeugen haben mir eine neue Perspektive eröffnet und zeigen, dass Geschichte so viel mehr ist, als nur Daten und Fakten. Die Menschen stehen im Mittelpunkt.“
Anna Luther:
„Wir sprechen in meiner Familie recht häufig über geschichtliche Themen und auch oft über die deutsche Geschichte. Meine Eltern sind im geteilten Deutschland aufgewachsen, weswegen es ihnen ein recht nahes, bekanntes Thema ist und sie uns Kindern davon erzählen wollen; vor allem wie es war, mitten im kalten Krieg aufzuwachsen, selten einen Ausflug in den Osten zu unternehmen und die Freude beim Mauerfall zu erleben.
Für mich ist 1990 natürlich schon lange her, da ich da noch gar nicht auf der Welt war. Aber wenn man zum Beispiel in den Urlaub fährt und alte Wachtürme, Grenzposten oder sogar Reste der Mauer sieht, wie auf Klassenfahrt nach Berlin vor ein paar Wochen, dann wird es einem wieder vor Augen geführt.
Den Besuch der Gäste am Projekttag fand ich sehr interessant, vor allem die Darstellung von „Um Mitternacht an der Grenze“ und die Erzählungen über Staatsdoping. Mich hat beeindruckt, wie stark sich das Leben der Jugendlichen zu der Zeit von unserem unterschied. Trotzdem haben sie diese schwierigen Zeiten überstanden und können jetzt darüber berichten. Außerdem war ich bei den Recherchen über den Volksaufstand beeindruckt, wie die Menschen damals sich damals gegen das System aufgelehnt und für ihre Grundrechte gekämpft haben.“
Tjark Erdmann:
„Da die Deutsche Teilung ein Thema ist, das uns alle betrifft, wird auch häufiger in meiner Familie darüber gesprochen.
Meiner Meinung nach ist es ein sehr interessantes Thema, da es schwer ist, sich all dies heutzutage vorzustellen Denn obwohl man häufig etwas über die Deutsche Teilung hört, bleiben viele Fragen ungeklärt.
An vielen Orten begegnet einem diese Geschichte. Sei es durch Geschichten in der Schule bzw. zu Hause oder Berichten im Fernsehen. Man kann keinen Schritt aus der Haustür machen, ohne Überreste der Deutschen Teilung zu erleben. Vor allem, wenn man an einem grenznahen Ort wie Göttingen lebt.
Wenn man im Urlaub in Richtung Osten fährt, merkt man hierbei auch viele Unterschiede. Sei es, wie die Straßen bzw. Häuser gebaut wurden, oder alte Schilder. Es wirkt, als könne man Geschichte nicht ignorieren.
Da meine Familie nicht aus der DDR kommt, war es sehr interessant, Geschehnisse und Verhältnisse aus unterschiedlichen Sichtweisen nachzuvollziehen. Da Gesine Tettenborn viel aus ihrer eigenen Sicht erzählt hat, hat mich dies sehr stark beeindruckt. Vor allem beim Gedanken an ihre sportlichen Erfolge. Des Weiteren hat es mir gefallen, dass man individuell an Themen arbeiten konnte, die einen interessierten.“
Mehr Infos zum Lernort Grenzlandmuseum Eichsfeld und Bildungsangebote für jede Schulform und verschiedenen Altersgruppen gibt es ausfürhlich auf der Webseite https://www.grenzlandmuseum.de/lernort/#angebote
(Fotos: Sandy Konradi-Rieche)
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