Seit fast zwei Jahren gibt es das KulturKloster in Duderstadt. Initiiert wurde die Einrichtung zur Förderung der Kulturbildung junger Menschen von Sr. Ingeborg Wirz und der Stiftung der Uruslinen Duderstadt. Die Stadt Duderstadt hat dazu eine Stelle für eine Kulturreferentin geschaffen. Mit dem KulturKloster bietet sich eine einmalige Chance für den ländlichen Raum im Landkreis Göttingen. Kulturbildung ist nämlich ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichkeits- und Demokratiebildung.
Musik sensibilisiert das Hören, Malerei das genaue Hinsehen, Tanz und Theater die körperliche Ausdrucksweise, Literatur ist der Schlüssel zur Empathie. Jede Form der Kunst fördert eine sensible Wahrnehmung dessen, was uns umgibt, lässt Raum für Zwischentöne, bringt Erkenntnisse über Zusammenhänge des Miteinanders und des Seins. Außerdem fördert Kunst eigenständiges Denken, Kreativität, kritisches Hinterfragen, Mut zum Ausprobieren, Erfahrung der eigenen Fähigkeiten.
Wer all das gelernt hat, ist auch bereit, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und andere mit einzubeziehen. Wer sich auszudrücken weiß – auf welche Art auch immer – kann gehört werden, kann sich beteiligen. Wir brauchen keine Roboter-Bachelors, sondern mutige junge Menschen, die sensibel, empathisch und ideenreich alle Probleme, sowohl die eigenen, als auch die der Region, der Gesellschaft und der Umwelt, anpacken.
Doch die Nebenfächer Musik und Kunst stehen meistens am Rand des Unterrichtsplans. Dazu kommen Lehrermangel, Unterrichtsausfälle und Epochal-Unterricht – also z. B. Musikunterricht für nur ein halbes Schuljahr. Einige Schulen haben erfreulicherweise ein Angebot, das über den üblichen Lehrplan hinausgeht und bieten Chorstunden, Bläserklassen, Theater-, Literatur- oder Schreib-AGs zur Förderung der Kreativität an – allerdings auf freiwilliger Basis. Das ist gut, aber reicht es, den Schulen das gesamte Paket der Kultur- und Demokratiebildung zuzuschieben und dann zu meckern, wenn es doch zu wenig ist?
Es ist auch Auftrag einer jeden Kommune, Kultur zugänglich zu machen. Mit den Angeboten des KulturKlosters haben wir eine einzigartige Chance in unserer Region, vielfältige Kulturbildung – und damit die Demokratie zu fördern.
Doch was macht eigentlich das KulturKloster?
Ein Interview mit Leiterin Katrin Oldenburg:
Reicht nicht der Musik- und Kunstunterricht in der Schule für Kulturbildung? Welche Rolle spielt dabei das KulturKloster?
Das KulturKloster unterstützt schulergänzend die Kulturbildung im ländlichen Raum. Musik und Kunst sind an den meisten Schulen Nebenfächer. Dazu gibt es oft zu wenig Personal im künstlerischen Sektor oder die Schule ist zu klein, um zusätzliche Angebote wie AGs zu schaffen. Jemand muss die Arbeit ja machen und sich um das Projektmanagement und um die Finanzierung kümmern. Das KulturKloster vermittelt Musik-, Tanz- oder Theaterangebote weiterer Institutionen, ich mache also die ganze Arbeit im Hintergrund. Aber es bietet auch öffentlichen Raum für Arbeiten, die zum Beispiel in der Schule erschaffen werden.
Wird das schon genutzt?
Ja, das läuft hier sehr gut. Ich habe alle Schulen in der Region angesprochen. Alle wollen mitmachen, viele haben die Angebote des KulturKlosters auch schon genutzt. An manchen Projekten waren auch mehrere Schulen beteiligt, sodass unter den Schülern neue Kontakte entstehen konnten. Wir haben Ausstellungen in den Räumen des KulturKlosters präsentiert, es wurden Lesungen organisiert, wir haben kulturelle Projektwochen an Schulen durchgeführt, wir haben eine riesige Straßenmalaktion durchgeführt, wo sich sogar Schulen aus Göttingen beteiligt haben. Und auch für das neue Schuljahr wird schon richtig viel vorbereitet, unter anderem die Ausstellung einer jungen Künstlerin, ein Foto-Projekt und ein großes Musik-Projekt.
Was unterscheidet künstlerische Präsentationen in Schulen und im Kulturkloster?
In Schulen sehen die Kunstwerke und Auftritte oft nur die Schüler, die Lehrer und bestenfalls die Eltern. Für junge Menschen ist es aber etwas Besonderes, ihre Kunst und ihr Können auch im öffentlichen Raum zu zeigen. Dabei erfahren sie eine größere Wertschätzung ihrer Kreativität. Sie lernen zum Beispiel, wie man eine Vernissage vorbereitet und, dass Netzwerke hilfreich sind. Das KulturKloster will Brücken bauen und beim netzwerken helfen. Vielleicht braucht jemand das, was ein anderer gerade hat. Das kann ein Raum sein oder Technik für einen Auftritt und vieles mehr.
Können solche Angebote nicht über die Jugendeinrichtungen in der Stadt abgedeckt werden?
Die Angebote können sich natürlich ergänzen und es ist toll, wenn die Einrichtungen miteinander vernetzt sind. Aber nicht jeder hat einen professionellen Musiker, Tänzer oder Künstler zur Hand, der tiefergehende und bezahlbare Projekte anbieten kann. Im Kulturkloster geht es ja nicht um Kinderbetreuung, sondern um die Vermittlung, Organisation und Umsetzung von professioneller Kulturbildung für die jeweiligen Altersgruppen, und zwar in Zusammenarbeit mit den vorhandenen Insitutionen.
Welches Ziel hat also das Kulturkloster mit seiner Arbeit?
Über die Entwicklung und Organisation von kultureller Projektarbeit sollen Freiräume für Kreativität entstehen. Ein weiteres Ziel ist, Begegnung und Austausch zu ermöglichen. Es gilt, die Potenziale des Einzelnen mit neuen Angeboten zu wecken, zu entdecken und sichtbar zu machen. Über kulturelle Bildung lernen die Menschen ihre Potenziale kennen. Sie wissen, was sie für sich brauchen, können kommunizieren und sind nicht mehr so angreifbar und beeinflussbar.
Katrin Oldenburg hat Sozialmanagement studiert und ist außerdem ausgebildete Sozialpädagogin, Supervisorin – und Mezzosopranistin. Ihre Stelle als Leiterin des Kulturklosters wird von der Stadt Duderstadt getragen.