„Im Haifischbecken sozialer Netzwerke und künstlicher Intelligenz“ – Vortrag und Podiumsdiskussion mit Digitalbotschafterin Silke Müller

Wie wirken soziale Netzwerke und KI auf junge Menschen? Welche Risiken bestehen? Schützt Handy-Verbot vor Gefahren im Netz? – Solche Fragen müssen sich heutzutage nicht nur Eltern stellen, sondern auch Schulen, SozialarbeiterInnen, PolitikerInnen – und schließlich die jungen Menschen selbst. Antworten und Anregungen gab es beim Vortrag mit anschließender Diskussion im Duderstädter Ballhaus unter dem Titel „Im Haifischbecken sozialer Netzwerke und künstlicher Intelligenz“ mit Silke Müller, Bestsellerautorin und Niedersächsische Digitalbotschafterin.

 

Niedersächsische Digitalbotschafterin und Bestsellerautorin Silke Müller im Duderstädter Ballhaus

 

Der Stadtelternrat Duderstadt, vertreten durch Marc Feike, und der Förderverein des Eichsfeld-Gymnasiums Duderstadt (EGD), vertreten durch Dr. Jens Hasenjäger, haben die öffentliche Veranstaltung organisiert. In der Ankündigung hieß es: „Unsere Kinder wachsen in digitalen Welten auf, die wir selbst nie erlebt haben: Gewaltvideos, Deepfakes, Influencer-Ideale, TikTok-Challenges, KI-generierte Inhalte. Eltern, Schule und Gesellschaft stehen vor der gemeinsamen Herausforderung: Wie begleiten wir junge Menschen verantwortungsvoll? Welche Werte brauchen wir in einer digital geprägten Welt?“

 

Marc Feike, Ben Thustek, Dr. Jens Hasenjäger (v.l.)

 

Ziel war es, Antworten auf Fragen, aber auch Lösungsansätze zu finden. Die Digitalbotschafterin Niedersachsens und erfahrene Schulleiterin Silke Müller hatte bereits mit ihren zwei Bestsellern „Wir verlieren unsere Kinder“ und „Wer schützt unsere Kinder?“ einen Nerv getroffen. Denn Eltern stehen oftmals rat- und hilflos vor der Entscheidung, ab wann, in welchem Umfang und wie überhaupt ihre Kinder die Angebote und Verlockungen der digitalen Welten nutzen sollten, und wie sie ihre Kinder vor Cybermobbing, Cybergrooming und Cybersucht schützen können.

Die Resonanz auf dieses Angebot war riesig. Nicht nur das Ballhaus war nahezu vollbesetzt, auch im Live-Stream, ermöglicht durch die Technik- und Medien AG des EGD, verfolgten zahlreiche Menschen den hochspannenden, bestürzenden, aber auch richtungsweisenden Vortrag von Silke Müller. Die Referentin verteufelte keineswegs die Nutzung von Social Media, KI und Co., warnte aber vorm unbedachten Umgang damit und klärte über die rasanten Entwicklungen auf. Einerseits seien soziale Netzwerke eben vernetzend und kreativ, andererseits sei der Zugang zu Sex-, Hass- und Gewaltvideos, bzw. -spielen, sehr einfach.

Smartphone-Verbote oder Vertrauen?

„Wir müssen diejenigen sein, die Kenntnis haben, was da los ist, um auch mit den Kindern auf Augenhöhe zu sprechen!“ appellierte sie an Erwachsene, sich gut zu informieren, um helfen zu können. Die Androhung von Smartphone-Verbot würde Kinder allerdings eher in die Situation bringen, nichts mehr zu erzählen, wenn sie auf verstörende Inhalte gestoßen sind, nämlich aus Angst, dann das Handy abgeben zu müssen.

Auch auf die Gefahren von KI verwies Silke Müller: Gesichter lassen sich in Videos und Fotos völlig aus dem ursprünglichen Zusammenhang filtern und in neue Umgebungen einbauen. Man kann Menschen in peinlichen und völlig frei erfundenen Situationen zeigen. „Wo Kinder sind, sind im Netz pädokriminelle Menschen!“, warnte die Expertin. Pädophile nutzten bereits KI, um Bilder echter Kinder in Sex-Videos umzugestalten, die dann im Netz zu finden sind.

Die Folgen für Betroffene von Missbrauch und Mobbing im Netz (nicht nur in Extremfällen) liegen nahe: Angststörungen und Depressionen bis zum Suizid können auftreten, wenn keine rechtzeitige Hilfe ankommt.

Verschiedene Studien verdeutlichen: Jugendliche verbrachten 2024 rund 71,5 Stunden pro Woche im Internet. 21% fühlen sich einsam, 20% belastet durch Ausgrenzung und Abwertung, 30% sehen belastende Inhalte bei Social Media. Eine Fünftel der Kinder zeigt psychische Auffälligkeiten. Die JIM-Studie (Jugend Information und Medien) zeigt, was Jugendliche in den letzten vier Wochen vor der Befragung im Internet gesehen haben: 58% Fake News, 51% beleidigende Kommentare, ca. 40% Verschwörungstheorien, radikale politische Ansichten und Hassbotschaften, 23% pornografische Inhalte und 30% sexuelle Belästigung. „Das ist besorgniserregend, weil kein Korrektiv da ist“, kritisierte Silke Müller und ergänzte, dass regulierte Bildschirmzeiten davor keinen Schutz bieten würden. Nicht die Kinder suchten nach verstörenden Inhalten, sondern die Inhalte finden die Kinder.

 

Lösungsansätze von Silke Müller:

– Hinschauen, ob sich jemand im Umfeld verändert hat, sich zurückzieht, nicht mehr spricht oder nur noch in der digitalen Welt unterwegs ist
– Gespräche führen und Anlaufstellen anbieten
– Eltern sollten sich ihrer Rolle als Vorbilder bewusst sein und ihren eigenen Umgang mit dem Smartphone kritisch hinterfragen
– Eltern können mit ihren Kindern einen Mediennutzungsvertrag abschließen, um einen Überblick zu den Inhalten auf dem Handy zu behalten
– Angst vor Strafen reduzieren, um Vertrauen für Gespräche zu schaffen
– Schulen und Eltern sollten gemeinsam Verantwortung übernehmen, sowohl bei der Aufklärung im Umgang mit den sozialen Netzwerken und KI, als auch bei den Hilfsangeboten
– Schulen könnten ein Smartphoneverbot in Erwägung ziehen und damit weniger Ablenkung, weniger Cybermobbing sowie Verbesserung der körperlichen Aktivität und der sozialen Interaktion fördern
– Die Politik sollte gesetzliche Regelungen zum Schutz der Jugend erlassen
– Altersreglementierung für die Nutzung von Social Media, um Zeit zu haben, Kinder gut vorzubereiten
– Aufklärung für die Gesellschaft

In der anschließenden Podiumsdiskussion sprachen Steffen Hartmann, Schulleiter des EGD, Henrike Unverfehrt-Koehn, Schulsozialarbeiterin an der Heinz-Sielmann-Realschule und Dierk Falkenhagen, Kontaktbeamter des Polizeikommissariats Duderstadt, mit Silke Müller über die Möglichkeiten von Präventions- und Hilfsangeboten sowie die Vorteile guter Vernetzung der zuständigen Institutionen. EGD-Lehrer Ben Thustek übernahm die Moderation.

 

Auf dem Podium: Steffen Hartmann, Henrike Unverfehrt-Koehn, Ben Thustek, Silke Müller und Dierk Falkenhagen (v.l.)

 

Von Seiten der Schülerschaft schilderten Niklas (10. Jahrgangsstufe), Matthäus und Maya (beide Jg. 13) ihre Eindrücke und ihren Umgang mit dem Internet. Dabei wurde betont, dass die Sozialen Netzwerke auch eine Übung sein können, sich mit demokratischen Werten auseinanderzusetzen. Man müsse lernen, sich ein eigenes Meinungsbild zu verschaffen. Außerdem plädierten auch die Jugendlichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Social Media.

Als regionale Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und Familien waren mit Infoständen vertreten: die Caritas Suchtberatung, die Familienberatung der Caritas, die Heinz Sielmann Stiftung als Bildungsort, das Duderstädter Kinder- und Jugendbüro, die Duderstädter Jugendberufsagentur, das Netzwerk Bildung und Teilhabe und die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen.

Weitere Unterstützung gab es von den Fördervereinen der Grundschulen, der Bürgerstiftung Duderstadt, der Stadt Duderstadt, der Stadtentwicklungsgesellschaft Duderstadt 2030, der Feuerwehr und von privaten SpenderInnen. Die Bestseller von Silke Müller gab es am Büchertisch der Duderstädter Buchhandlung Gebrüder Seseke.

 

Der komplette Live-Stream ist zurzeit noch bei Youtube zu sehen:

 

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