„Inklusion und Mut für die Modellkommune Duderstadt“ – so lautete der Titel der dritten und letzten Podiumsdiskussion, die im Vorfeld des Godehardtages in Duderstadt stattfand. Auf dem Podium am Inklusiven Campus der Caritas trafen sich Duderstadts Bürgermeister Thorsten Feike, Paralympics-Sieger Heinrich Popow und Alain Pierre, Vorsitzender des Behindertenbeirats im Landkreis Göttingen. Veranstalter war die Caritas Südniedersachsen in Kooperation mit der Vinzenz-von-Paul-Schule, der Lebenshilfe Eichsfeld und der Stadt Duderstadt.
Ralf Regenhardt, Vorstandssprecher der Caritas Südniedersachsen, stellte die Diskussionsteilnehmer als „Mutmacher“ bei der Inklusion vor:
Alain Pierre ist im Alter von 54 Jahren erblindet. Seinen Alltag hat er sich weitgehend so arrangiert, dass er in vielen Bereichen ohne Hilfe zurechtkommt, aber auch weiß, wo seine Grenzen sind und dann Hilfe annimmt. Heinrich Popow verlor als Kind ein Bein, legte aber mit seiner Prothese eine steile Sportlerkarriere bis zum Paralympics-Sieger in der Leichtathletik hin und arbeitet heute bei Ottobock. Bürgermeister Thorsten Feike setzt sich gemeinsam mit dem Stadtrat und Kooperationspartnern dafür ein, Duderstadt als Modellkommune der Inklusion voranzubringen. Die Moderation der Veranstaltung, die wegen des Sommerwetters in den Garten verlegt wurde, übernahm Nadine Eckermann (Eichsfelder Tageblatt).
Während des Gespräches wurde klar herausgestellt, dass „Gleichmachung von Menschen“ niemandem nütze. Nicht immer sei z.B. gemeinsamer Sportunterricht von Kindern mit und ohne Behinderung sinnvoll, da beide Seiten Abstriche machen müssten, sagte Heinrich Popow. Er sprach sich jedoch dafür aus, den Fokus bei Menschen mit Behinderung nicht auf deren Schwäche zu legen, sondern auf die Stärken, um jeden individuell fördern, aber auch Eigeninitiative fordern zu können.
Um Inklusion im Städtebau mit einzubeziehen, seien völlig unterschiedliche Zielsetzungen zu beachten. So erklärte Alain Pierre, welche Schwierigkeiten Blinde im Alltag haben, um einen Bankautomaten mit Touchscreen zu bedienen oder sich in glatt gepflasterten Fußgängerzonen zurechtzufinden. Damit der Blindenstock z.B. Eingänge von Läden orten kann, seien Noppen auf dem Pflaster hilfreich. Solche Noppen seien allerdings für Beinprothesenträger wahre Stolperfallen, ergänzte Heinrich Popow. Da viele Menschen mit Behinderung nicht zu den Besserverdienenden gehörten, sei es außerdem umso schwieriger, bei steigenden Mietkosten geeignete Wohnungen zu finden, sagte Alain Pierre. Für die Politiker gab es den guten Rat, Betroffene vor Entscheidungen mit einzubeziehen. Allerdings müsse jeder Mensch für sich persönlich gewisse Grenzen akzeptieren. „Nicht jeder muss alles können“, sagte Heinrich Popow.
Thorsten Feike sprach sich ebenfalls für gute Kooperation aller Betroffenen aus: „Probleme in einer Stadt kann kein Einzelner lösen, auch nicht der Rat. Da gehören viele zu, Entscheider, Institutionen, Betroffene, Anwohner und mehr. Duderstadt ist schon weit, aber noch längst nicht am Ende angelangt.“
Sr. Dorothea Rumpf, Leiterin der Vinzenz-von-Paul-Schule und Mitorganisatorin der Veranstaltungen rund um den Godehardtag in Duderstadt, dankte dem Vorbereitungsteam, und fasste zusammen: „Wir haben heute viel Mut erfahren – Mut zu Perspektiven und zum Dialog!“
Der Godehardtag in Duderstadt am 9. Juli 2022:
Der Godehardtag wird am am Samstag, 9. Juli 2022, unter dem Leitthema „Inklusion erlebbar“ in Duderstadt gefeiert. In Kooperation mit der Vinzenz-von-Paul-Schule, der Lebenshilfe Eichsfeld und der Stadt Duderstadt hat die Caritas Südniedersachsen ein vielfältiges und inklusives Programm zusammengestellt.
Mathi, der Kinder-Liedermacher, die Lebenshilfe-Musikgruppe „Ohr and More“, der MitMachChor, ein Orchesterkonzert der Kreismusikschule und die Tanzgruppen des TV Jahn Duderstadt werden auf der Bühne am Campus in der Neutorstraße erwartet.
Mitmachen ist angesagt bei Kreativ-Workshops und Spielstationen. Einblicke in verschiedene Formen der Inklusion, z.B. unter dem Titel „Blindheit erlebbar“, „Rolli-Parcours“ oder „Inklusion für Suchtkranke – wie geht das?“ gibt es für alle Gäste. Die Veranstaltungsorte sind am Campus in der Neutorstraße auf dem Außengelände und im Gebäude sowie an der Vinzenz-von-Paul-Schule in der Christian-Blank-Straße. Eine Kette aus bunten Stoffwimpeln wird die Veranstaltungsorte verbinden.
Weitere Infos zum Programm gibt es zeitnah unter http://www.inklusion-erlebbar.de
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