Woher kommen eigentlich die Ausstellungsgegenstände in Museen? Gibt es in Südniedersachsen Nazi-Raubkunst oder menschliche Überreste in den Sammlungen? Und wie findet man die mitunter verworrenen Herkunftsgeschichten hinter den Gegenständen heraus? Auskunft darüber gibt der Dokumentarfilm „Fragl. Herkunft“, der seit kurzem über das Kulturportal www.kulturis.online zu sehen ist.
„Die Depots der Museen sind voll von Geschichten. Vielen Gegenständen sieht man ihre „Lebensgeschichte“ nicht an. Dass manche Dinge ihren Eigentümern unrechtmäßig entzogen wurden – als Juden, SPD-Mitgliedern, Freimaurern oder Zwangsarbeitern z.B. – wissen wir jetzt nach mehreren Jahren Forschung“, so der Provenienzforscher Dr. Christian Riemenschneider vom Landschaftsverband Südniedersachsen.
Er untersuchte Museen in Südniedersachsen auf sogenanntes NS-Raubgut. Im Film schildert er seine Vorgehensweise, man sieht ihn auf Spurensuche in Archiven oder auf Friedhöfen. Er schafft es, manche Gegenstände ausführlich zum Sprechen zu bringen, z.B. eine Ortschronik, in der nach der Deportation der jüdischen Eigentümerfamilie Plaut heute noch ein Lesezeichen an der Stelle zur jüdischen Ortsgeschichte liegt.
Konzipiert und erstellt hat den Dokumentarfilm die Göttinger Produktionsfirma Akinema zusammen mit Christian Riemenschneider. Die Kulturanthropologen Janek Totaro und Johannes Kohout von Akinema haben sich auf filmische Wissenschaftsvermittlung spezialisiert. Herausgekommen ist ein Portrait der Povenienzforschung in Südniedersachsenn, das nach der Premiere im Göttinger Méliès-Kino von Zuschauer*innen mit „einfühlsam“, „ruhig“ und „bildstark“ beschrieben wurde.
Nach der Präsentation auf mehreren Filmfestivals kann die Dokumentation nun kostenlos unter https://kulturis.online/fragl-herkunft gestreamt werden.
Der Film wirft einen Blick hinter die Kulissen der Museen, ermöglicht einen Einblick in die detektivische Forschungsarbeit und zeigt auf, warum Rückgaben von Museumsgegenständen an die Nachfahren der früheren Eigentümer sowohl „Heilung“ als auch neue Probleme mit sich bringen können.
Das Eigenprojekt „Provenienzforschung“ führte der Landschaftsverbands Südniedersachsen zwischen 2016 und 2023 in 13 Museen in Südniedersachsenn durch. Gefördert haben das Projekt und den Film das Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste und der Landschaftsverband.
Im Film vertreten sind das Museum Uslar, das Stadtmuseum Einbeck, das Museum im Ritterhaus Osterode, sowie das Stadtmuseum und Tiermuseum Alfeld. Während der Sommerferien präsentiert kulturis auf Facebook und Instagram (@kulturis.online) jeden Freitag einen besonderen Gegenstand aus diesen Museen und beleuchtet seine Herkunftsgeschichte.
(Titelbild: Einbeck – Foto von Grete Sophie Winter, um 1918 sowie eine Haarlocke von ihr in einem Briefumschlag, Stadtarchiv Einbeck Foto C. Riemenschneider
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