Der Fachkräftemangel im Handwerk, in der Gastronomie und in der Pflege ist überall zu spüren. Um Jugendlichen die spätere Berufswahl zu erleichtern und gleichermaßen dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, bietet der Landkreis Göttingen die Berufsorientierung für die 7. und 8. Jahrgangsstufen der weiterführenden Schulen an. Dazu gehören in Duderstadt auch die Werkstatttage bei der GAB (Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung) am Euzenberg.
In der Großraumküche klappern die Schüsseln. Achtklässler*innen aus der KGS Gieboldehausen rühren gerade einen Teig an. Nicht nur das Kochen selbst, sondern auch gesunde Ernährung, Küchenhygiene und Service gehören zu den Themen, die Hauswirtschaftsmeisterin Elke Burchard dem jungen Küchenteam nahebringt.
Derweil wird in der Holzwerkstatt gehobelt und gehämmert. Dort entstehen handgefertigte Vogelnistkästen mit einer selbst ausgesägten Verzinkung als Eckverbindung. „Wir hatten schon Jugendliche, die hier das erste Mal ein Werkzeug in der Hand hatten“, erzählt der Tischler Holger Strohmeyer, unter dessen Anleitung die Schüler arbeiten. Die Jungen im heutigen Team bestätigen aber, dass sie verschiedene Werkzeuge bereits kennen. Daher sind einige Nistkästen schon fast fertig.
Werkstättenleiter Tobias Steinert betreut die Gruppe im Metallbau. „Die Jugendlichen lernen, eine technische Zeichnung zu lesen und dann nach dieser Vorlage einen Würfel aus Aluminium herzustellen“, erklärt er. Unter Beaufsichtigung dürfen die Schülerinnen und Schüler in den Holz- und Metallwerkstätten auch an den Maschinen arbeiten.
Weniger staubig geht es in der oberen Etage zu. Hier gibt Katia Pagane Einblicke ins Friseurhandwerk, wobei die Jugendlichen sich gegenseitig stylen oder Lockenwickler in die Haare drehen, aber auch die Grundkenntnisse vom Service am Kunden kennenlernen.
Der studierte Maler, Bildhauer und gelernte Zimmermann Stefan Wißler leitet die Kreativwerkstatt. Zwischen Farbkästen, Pinseln, Scheren, Holzrahmen und Kleber fließen hier verschiedene Aspekte der künstlerischen Kreativität ein, die zum Beispiel im Maler- und Lackiererhandwerk, aber auch in der Mediengestaltung von Bedeutung sind.
„Außerdem decken wir hier noch die Bereiche Floristik, Schneiderei, Sanitär-Heizung-Klimatechnik, Gesundheit und Handel ab“, ergänzt Alexandra Steinert, die selbst während der Berufsorientierungswochen Handel und Onlinehandel unterrichtet.
Einige der Jugendlichen wissen jetzt schon, dass sie später auch eine Ausbildung im Bereich des hier gewählten Berufszweiges beginnen möchten und sammeln erste Erfahrungen. Andere haben ganz andere Pläne, nutzen aber die Berufsorientierung, um weitere Alternativen entsprechend der eigenen Interessen kennenzulernen. Und wieder andere sind noch unschlüssig und testen ihre eigenen Stärken aus.
„Solche Möglichkeiten haben die Schulen nicht“
Nicht nur der ausreichende Platz für so unterschiedliche Berufssparten unter einem Dach und die gute Erreichbarkeit des GAB-Standortes am Duderstädter Euzenberg waren ausschlaggebend für die Durchführung der Berufsorientierung an diesem Ort, sondern auch die professionell eingerichteten Werkstätten. „Die Voraussetzungen bei der GAB in Duderstadt sind perfekt, um den Jugendlichen ganz vielfältige Einblicke und Praxiserfahrungen zu bieten. Solche Möglichkeiten haben die Schulen nicht“, erklärt Anna Döhne, Projektleiterin des Landkreises. Die Schülerinnen und Schüler der zumeist 8. Jahrgangsstufen haben hier die Chance, an sich selbst neue Fähigkeiten und Interessen zu entdecken, die sich dann auf die Berufswahl auswirken könnten. Bei der Berufsorientierung werden die Wünsche der Jugendlichen in der Auswahl der Berufsfelder, die sie näher kennenlernen möchten, berücksichtigt.
Einen weiteren positiven Aspekt dieser Angebote erklärt Johann Santen, Koordinator der Berufsorientierung am GAB-Standort Duderstadt: „Oftmals erkennen die Jugendlichen erst bei der Praxis in den Werkstätten, wofür sie in der Schule zum Beispiel Flächenberechnung gelernt haben. Das motiviert dann und ist wiederum für theoretische Aufgaben in der Schule förderlich.“
Mit einer Potenzialanalyse, wozu auch die praktischen Übungen gehören, werden die Stärken und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler ermittelt. Das verschafft nicht nur den Jugendlichen eine bessere Selbsteinschätzung, sondern auch Eltern und Lehrkräften Erkenntnisse zur weiteren Förderung.
„Zum Abschluss der Werkstatttage erhalten alle ihren persönlichen Ordner, wo Bewertungen und Informationen gesammelt werden. Das kann später bei der Vermittlung von Praktikumsplätzen hilfreich sein, und auch die Eltern erfahren von Fähigkeiten ihrer Kinder, die sie vielleicht so noch nicht wahrgenommen haben“, erklärt Julia Adler, Leiterin des Standortes Duderstadt und stellvertretende Geschäftsführerin der GAB.
Gegründet wurde die gemeinnützige Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung Südniedersachsen (GAB) Ende der 1990-er Jahre in Duderstadt und nahm dort im Jahr 2000 ihre Arbeit auf. Seit 2015 ist sie Tochtergesellschaft des Landkreises Göttingen. Weitere Standorte sind in Göttingen, Hann. Münden, Wollershausen, Herzberg und Osterode entstanden.
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